Die Deutsche Bahn legt also in Zukunft mehr Wert auf die Verwendung deutscher Begriffe an Stellen, an denen auch Anglizismen verwendet werden könnten. Wie schön. Das kann man nützlich finden in einer Zeit, in der deutsche und englische Sprache immer mehr gemischt werden - oder unnötig, oder zu spät. Ich habe kein Problem mit Anglizismen; viele deutsche Sprachkonstrukte werden sowieso falsch verwendet und gerade im ÖPNV ist es doch schön, wenn Ausländer auch dort Begriffe erkennen, wo nicht explizit deutsche und englische Variante angeboten werden.
Viel interessanter finde ich aber, dass so ein Thema überhaupt Relevanz hat - denn man sollte meinen, die Bahn hat andere Probleme. Hier in Dortmund zum Beispiel wird gerade am Bahnhof gebaut; auch an der Strecke Gelsenkirchen - Wanne-Eickel - Herne - Castrop-Rauxel, die ich wöchentlich fahre, wird gebaut (zum dritten Mal in diesem Jahr. Der Aufzug am Bahnhof Herne ist auch seit über zwei Jahren in Arbeit). Dass das den Zugverkehr allgemein erschwert, kann ich noch verstehen; aber es kommt in letzter Zeit auch öfter zu anderen Problemen in Dortmund, wie dem Ausfall des Stellwerks kürzlich und dem daraus folgenden Totalausfall des gesamten Bahnhofs. Möglicherweise besteht da ein Zusammenhang.
Ein anderes Thema, welches gerade im Ruhrgebiet mehr Beachtung verdient: Barrierefreiheit. Als ich kürzlich im Norden auf Radtour war, staunte ich darüber, wieviele Aufzüge es dort gibt. Ich weiß nicht, woher die Neigung zu Rolltreppen an westdeutschen Bahnhöfen kommt - Rolltreppen sind nutzlos. Menschen ohne Gepäck und ohne Behinderung können auch normale Treppen benutzen. Und denjenigen, die auf Rollstuhl oder Krücken angewiesen oder mit Kinderwagen, Fahrrad oder schwerem Gepäck unterwegs sind, wäre mit einem Aufzug mehr geholfen. Rolltreppen fördern nur die Faulheit der Menschen.
"Mehr geholfen" stimmt dabei sogar nur in einigen Fällen. Ich kann mein Fahrrad - wenn auch unter Anstrengung, weil es mit Gepäck fast 30 Kilo wiegt - auch die Treppe hochtragen. Wer auf Gehhilfen angewiesen ist, hat oft keine Möglichkeit, Treppen zu überwinden, und Rolltreppen helfen da oft ebenfalls nicht - weil sie zum Aufsteigen nicht angehalten werden können.
In Dortmund gibt es nur an einem einzigen Bahnsteig einen Aufzug, der obendrein nur von der Hauptebene erreichbar ist. Die wiederum ist aber nur vom Südeingang barrierefrei erreichbar, der Nordeingang liegt tiefer - und hat nur eine Rolltreppe als Verbindung zur Hauptebene und einen Aufzug in die Tiefebene, wo die U-Bahnen fahren. Soll heißen: Wer auf einen Aufzug angewiesen ist, hat keine Chance, selbstständig die Gleise 6-31 zu erreichen. Dortmund ist ein Extrembeispiel, aber auch an anderen Bahnhöfen sind nicht alle Gleise barrierefrei erreichbar, vor allem die, wo nur S-/Regionalbahnen halten. Übrigens: von dem einen Bahnsteig, den man in Dortmund mit einem Aufzug erreichen kann, fahren nur S- und Regionalbahnen.
Eigentlich ist das aber total egal. Von den anderen Gleisen fahren dann nämlich vor allem Fernzüge und Regionalzüge mit langen Strecken wie RE 1 (Paderborn - Aachen) oder RE 6 (Minden - Düsseldorf), also die Hauptlinien des Bundeslandes. Die werden von besonders vielen Fahrgästen genutzt - deshalb hat man sich für doppelstöckige Zugmodelle entschieden. Damit kann man bei gleicher Zuglänge ungefähr doppelt so viele Menschen transportieren. Ups - nur fast. Alle, die beim Einsteigen darauf angewiesen sind, dass sie keine Lücke und keine Stufen überwinden müssen, bleiben draußen.
Denn sowohl die hochmodernen, schnellen Fernzüge, als auch die doppelstöckigen Regionalzüge haben eine Treppe am Einstieg. Das an sich ist schon ein Hohn im Zeitalter der Niederflur-Bahnsteige. In den Doppeldeckern geht es dann direkt weiter: Zu beiden Ebenen muss man eine weitere Treppe überwinden. Das ist auch für Reisende mit Gepäck eine Zumutung, ganz zu schweigen davon, dass das Reisen mit einem Fahrrad oder Kinderwagen zum Horrortrip ausartet. Zusätzlich führen die Treppen dazu, dass auch gesunde Reisende sich zweimal mehr als sowieso schon überlegen, ob sie den Gang entlang laufen und einen freien Sitzplatz suchen oder lieber den Türbereich verstopfen. Und es verlangsamt das Ein- und Aussteigen allgemein.
Wenn die Deutsche Bahn ihre verbeamteten Mitarbeiter mit einem Großprojekt beschäftigen muss, sollte sie sich lieber die Fahrpläne vornehmen. Die zu überarbeiten kostet bestimmt nicht mehr als das Umstellen von 2200 Anglizismen auf deutsche Begriffe - hätte aber sicher einen positiveren Effekt. Denn während Privatunternehmen wie die NordWestBahn einplanen, dass im Berufsverkehr mehr Leute mit dem Zug fahren und die gleiche Strecke daher nicht in der gleichen Zeit bewältigt werden kann, beharrt die Bahn auf ihrem gleichmäßigen Stundentakt, der regelmäßig zur Hauptverkehrszeit zu Verspätungen führt.
Da Züge aber sowieso je nach Wochentag, Uhrzeit und Mondphase Fahrtziel, Länge der Strecke und Uhrzeit der letzten Fahrt ändern, sollte man ohnehin nicht auf die Regelmäßigkeit vertrauen. Mal ganz davon abgesehen, dass auch die Aushangfahrpläne manchmal falsch sind - so werden in Essen falsche Gleise angegeben, in Dortmund fehlt beim RB 43 (ein Zug der Konkurrenz!) die Mehrzahl der Haltestellen. Und mit regelmäßig auftretenden Verspätungen bringt ganze getaktete Plan sowieso nichts. Daher sollte die Deutsche Bahn mal ihre Verspätungen auswerten und in den Fahrplan übernehmen - Fahrgäste nehmen Verspätungen weniger übel, wenn sie planmäßig sind.