Artikel von

Konzertheld


Chemnitz III

Fix zu Hellweg.
Den Berg raufquälen.
Die Strecke ist doch länger als erwartet.
Der Baumarkt ist menschenverlassen, aber ich bekomme was ich brauche.
Den Berg runter rasen.
Eine alte Frau guckt mir entgegen.
Ihr Hund findet die Bushaltestelle interessanter.
Plötzlich läuft die alte Frau auf den Radweg. VORSICHT!
Panisch werden, weil keine Ausweichmöglichkeit da ist (der Hund! die Leine! der Bordstein! die Autos!), soweit wie es geht nach links ziehen und bremsen, die alte Frau geht wieder ein paar Schritte zurück, die neuen Bremsbeläge tun ihre Wirkung, der Berg ist zu Ende, rechts abbiegen, zuhause.

Raus aus der Stadt.
Über die kaputte Straße, dann über die Brücke.
Ein aufgeschreckter Fuchs flüchtet vor dem Scheinwerferlicht.
Der massigen Krone eines vom Sturm entwurzelten Baumes ausweichen.
Die für diesen Fall eingerichtete Radwegumleitung merken, falls man sie mal braucht.
Am Fluss entlang, am Kraftwerk vorbei, eine Straße kreuzen, ein weites Feld.
Durch die Schranke, dem Sicherheitsdienst freundlich zuwinken.
Mit dem Rad vorbei an den LKW, vorbei am Zoll.
Nacht am Stadtrand.



Chemnitz II

Ich geb's zu: Die ersten Wochen in Chemnitz habe ich die Augen bewusst offen gehalten, um DDR-Klischee-Bestätigungen und Unterschiede zum Westen zu finden. Spoiler: Man muss sich schon sehr Mühe geben, um was zu finden.

Der "Edeka Aktiv-Markt" um die Ecke ist ein getarnter Rewe. Der Besitzer räumt schon die Wursttheke leer, bittet mich aber herein, als ich zögere; ich komme mir trotzdem so vor, als wäre ich unerwünscht. Tatsächlich stimmen die Ladenöffnungszeiten nicht mit denen aus dem Internet überein. Für die Einkaufswagen braucht man keine Münze. Die Gestalten draußen lassen den Laden auch eher wie einen getarnten Drogenumschlagpunkt wirken. Der Verkäufer fragt immer wieder mal etwas nervös, ob ich alles finde, was ich brauche.

Bei Lidl ist die Kasse unbesetzt. Nach einem Moment kommt jemand und kassiert. Als ich das kurz anspreche, werde ich auf die zahlreichen Kameras hingewiesen.

Kameras vermuten manche alteingesessene Bewohner der Stadt auch in und an den mit Brettern vernagelten Gebäuden. Manche beschweren sich über gestiegene Mietpreise, beruhigen sich aber wieder, wenn sie sich daran erinnern, dass es früher dafür auch kein fließend Warmwasser gab. Meine Nachbarn beschweren sich auch über zu hohe Nebenkosten, lassen aber den Schlüssel in der Wohnungstür von außen stecken.



Chemnitz I

Bei meinem ersten Besuch in Chemnitz war ich auf Wohnungssuche und habe vor allem Makler getroffen, die auf viele verschiedene Weisen nervtötend waren. Zum Glück sind die Makler aber nicht repräsentativ für die Stadt.

Gablenz, Mittwochabend. Unterwegs auf der Suche nach einem Imbiss. Nach ein paar Kilometern entdecke ich eine offenstehende Tür einer Pizzeria. Ich gucke hinein, anscheinend ist schon geschlossen, aber der Besitzer winkt mich herein. Ich bestelle, er macht fix nochmal Pizzateig. Man kann nicht mit Karte zahlen, ich hole Bargeld. Der Chef ist immer noch hinten, sein Kollege hängt wortlos vorne bei mir rum. Irgendwann kommt ein unangenehm wirkender Typ herein, der aber Stammgast zu sein scheint. Der Chef weiß, was er will, holt ein Bier und macht nochmal Teig. Meine Pizza ist ohne Peperoni, kostet aber mehr als wenn welche drauf gewesen wären.

In Herne haben freie Imbissbuden auch manchmal ihre Preise je nach Kunde und Tageszeit gewürfelt. Manchmal verschwand der Besitzer ein paar Tage später spurlos.



385 Tage

Das Projekt 55 in 777, angelehnt an das Day Zero Project, soll über einen großen Zeitraum kleine und große Erfolge sichtbar machen. Dafür habe ich eine Liste mit 55 großen und kleinen messbaren Dingen erstellt und verfolge diese nun 777 Tage lang. So sah diese Liste am Anfang aus.

Gesamtstand: 9/48
Letzter Tag: 20. Februar 2015

Sport / Ernährung

  1. 100 Liegestützen schaffen (?/100)
  2. 200 Sit-Ups schaffen (37/200)
  3. :check: 500 Kilometer mit dem Fahrrad zurück legen (514/500)
    Greifbare Ziele stecken war ein wichtiger Aspekt dieser Liste. Größere Fahrradtouren waren nicht geplant, stattdessen wollte ich regelmäßiger fahren. Klappt und macht Spaß!
  4. 2 Wochen vegan leben (0/2)
  5. 10 Gerichte aus 10 verschiedenen Ländern kochen (2/10)
    Pizza nach italienischer Art (die tatsächlich anders ist als die deutsche); Tofu nach vietnamesischem Rezept.
  6. Zu Weihnachten mindestens 10x backen (5/10)
    Na, das kann man gelten lassen, wenn man es auf beide Jahre rechnet.
  7. Marmelade selber machen
  8. Pudding selber machen

Digital

  1. Alle 77 Tage ein Update dieser Liste posten (5/10)
  2. 100 Artikel schreiben, die nicht Teil einer Serie sind (71/100)
  3. Mein gesammeltes Videomaterial von TEN SING zusammenschneiden (0/3)
  4. :check: 15 Beiträge zu Habari leisten (veröffentlichte Plugins oder Themes oder Core-Bugfixes) (17/15)
    googleauth, githubauth, socialadmin, oembed_content, enhancedpostnav, Fix für #353, #488, #494, #565, #560, #570, #526, #558, #563, #569, #574, #568
  5. Eine Woche offline gehen (0/7)
  6. 1000 Posts erreichen (945/1000)

Foto / Musik

  1. Portfolio mit min. 20 Fotos pro Kategorie füllen (24/60)
  2. 100 Songs am Schlagzeug vollständig spielen können (31/100)
  3. 50 Songs am Bass spielen können (10/50)
  4. 10 Songs an der Gitarre spielen können (0/10)
  5. Weiterhin min. 1x im Jahr auf ein Konzert im Ausland gehen (1/2)
    2013 war ich bei Yeah Yeah Yeahs in Amsterdam, dieses Jahr geht es wahrscheinlich zu Blood Red Shoes nach Prag. hahahah
  6. Einen Film selber entwickeln
  7. Einen "Lost Place" besuchen
  8. Beide CD-Regale füllen (115/174)

Reisen

  1. :check: Beim Kirchentag in Hamburg dabei sein
  2. Beim Rothaarigentag in Breda dabei sein
  3. :check: Beim YMCA-Festival in Prag als Volunteer dabei sein
  4. Eine Interrail-Reise machen
  5. :check: In einem Nachtzug schlafen
  6. Eine Reise nur mit Couchsurfing bestreiten
  7. Eine Reise mit mindestens einer Übernachtung nur mit dem Fahrrad bestreiten
  8. Eine Deutschland-Rundreise machen
  9. Nochmal nach Brighton reisen
  10. Beim Kirchentag in Stuttgart dabei sein

Freizeit allgemein

  1. :check: Erdbeeren pflücken gehen - war ich nicht mehr seit ich Kind war!
  2. :check: Geocachen gehen
  3. Die Herr der Ringe-Trilogie lesen (0/3)
  4. 5 Bildungslücken bei Filmen schließen (3/5)
    Gesehen: Die fabelhafte Welt der Amélie, Pulp Fiction, Täglich grüßt das Murmeltier
  5. 5 Träume aufschreiben (3/5)
  6. An einer Demo teilnehmen

Bildung

  1. Jede Woche einen zufälligen Wikipedia-Artikel lesen (0/111)
  2. Jeden Monat einen zufälligen englischen Wikipedia-Artikel lesen (0/26)
  3. Grundkenntnisse in einer vierten Sprache erwerben (0/3 - A1, A2, B1)
  4. Begrüßung und Verabschiedung in 10 Fremdsprachen lernen (4/10)

Organisation

  1. Regelmäßig (wöchentlich) den Finanzplaner in Ordnung bringen (55/111)
  2. Weihnachtsgeschenke spätestens Nikolaus zusammen haben (0/2)
    2013 war ich erst an Heiligabend fertig. War entsprechend stressig, aber stellenweise auch sehr lustig. Trotzdem: Mission verfehlt!
  3. Jahresrückblick spätestens am 28.12. fertig haben (1/2)
  4. :check: Keller aufräumen

Menschen

  1. :check: Nachbarn ansprechen (1/7) (6/6)
    Aus Dortmund bin ich weg, aber am neuen Wohnort kenne ich bereits alle. hahahah
  2. Alle TEN SING-Gruppen im Westbund besuchen (12/34)


Evolution-Ordner aufräumen

Evolution könnte so ein schöner Mailclient für Linux-User sein, hätte es nicht die Angewohnheit, Mails zu zerfleddern, irgendwo hin zu schieben, wenn man es will, sie aber nicht zu verschieben, sondern bloß zu markieren, mysteriöse Ordner anzulegen...

Damit ist jetzt Schluss. Zu den beiden Einstellungen, die ich schon länger verwende, kamen nun in einer der letzten Versionen noch zwei neue Einstellungen, so dass man nun endlich seine Mails beisammen halten kann: Die virtuellen "Junk"- und "Trash"-Folder lassen sich nun deaktivieren.

Ich gehe hier mal davon aus, dass E-Mails per IMAP abgerufen werden und keine Sonderkonfigurationen mit Mailserver auf dem lokalen Rechner o.ä. verwendet werden.

Dann gibt es nämlich nur zwei Probleme zu lösen:

  • Entwürfe und verschickte Mails landen in einem lokalen Ordner statt auf dem Server
  • Spam-Mails und gelöschte Mails werden nur markiert und dann in Evolution in einem separaten Ordner angezeigt, aber nicht wirklich in einen separaten Ordner verschoben.

Dadurch guckt man schnell in die Röhre, wenn man seine Mails mal nicht mit Evolution abruft.

Alle vier Mailarten können in den "Standardeinstellungen" in den jeweiligen Kontoeinstellungen ein passendes Ziel bekommen. Entwürfe und Verschickte Mails werden dort einfach in einen anderen Ordner gesteckt. Für Junk ("unerwünschte Mails") und gelöschte Mails aktiviert man jeweils die Option "realen Ordner verwenden" und wählt auch dann einen Ordner auf dem Server. Damit die Fake-Ordner anschließend verschwinden, ist ein Neustart von Evolution erforderlich. Das ist der ganze Zauber. Fragt sich nur, wieso es so lange gedauert hat, bis die letztere Option eingebaut wurde.

Ich habe diese vier Ordner dann unterhalb meiner Inbox gelegt, während die Ordner, die ich manuell verwende, parallel zur Inbox liegen. Das Konto "Auf diesem Rechner" kann nun deaktiviert werden. So gestaltet sich mein Evolution plötzlich wunderbar aufgeräumt.

evolution-einstellungen.png

evolution-aufgeräumt.png



Bis die Wolken wieder lila sind

Dass wir irgendwann alt werden, dagegen können wir nichts tun. Wir können nur beeinflussen, was wir dann sehen, wenn wir uns umdrehen und zurück blicken. Aber ganz viele andere Menschen möchten auch gerne beeinflussen, womit wir die Zeit bis dahin verbringen. Sie glauben zu wissen, wie wir erfolgreich werden, was wir dafür tun müssen. Wie wir Karriere machen. Sie haben vielleicht selber nie Karriere machen können, aber wir müssen ja nicht auch so enden. Außerdem sind wir ja noch jung und junge Menschen können viel lernen und hart arbeiten. Bis sie kaputt sind. Oder bis sie vielleicht von einem Wagen voller Stahlteile erschlagen wurden, weil ein zugekokster Vorarbeiter die Bremse nicht angezogen hat.

Aber vielleicht möchten wir gar keine Karriere machen. Vielleicht haben wir gar keine Lust, der Vorarbeiter zu sein, dessen Job so stressig ist, dass er mit dem Koksen schon lange nicht mehr aufhören will. Vielleicht sind wir auch viel zu jung, um über so etwas wie Rente nachzudenken oder darüber, wieviele Angestellte uns mit 28 unterstellt sind. Ein paar aus meiner Generation wissen vielleicht genau, was sie wollen, ziehen das straight durch und werden damit glücklich. Vielen geht es nicht so. Viele schmeißen ihr erstes Studium, manche scheitern danach wie ich auch noch mit einer Ausbildung. Überhaupt, scheitern. Was ist das schon? Drei Monate Ausbildung und neun weitere Monate in der Veranstaltungsbranche haben mir eine Menge Erfahrungen gebracht. Der Typ ist damals nicht von den Stahlteilen erschlagen worden, er ist rechtzeitig zur Seite gesprungen und blieb unverletzt, aber ich habe etwas später gekündigt und weiter gesucht.

Hier in Chemnitz an der Uni denken die Studenten nicht, sie müssten Karriere machen oder in 6 Semestern mit dem Studium fertig sein. Einige wollen das, klar, aber die Hörsääle bei den Vorträgen zu Auslandssemestern sind auch rappelvoll. Was wird man damit, fragen mich die Leute, wenn ich sage, dass ich Sensorik und kognitive Psychologie studiere. Wissen wir alle nicht so genau, sage ich dann manchmal. Irgendwas cooles hochbezahltes oder arbeitslos.

Überhaupt ist es nicht so schlimm, mit extrem wenig Geld zu leben. Statt mit dem Auto kann man hier wunderbar Fahrrad fahren - da braucht man auch nur zwei Winterreifen und nicht vier. Und zu den Verwandten in den Westen geht es dann eben mit dem Fernbus. Da trifft man dann vielleicht noch wunderbare Leute, die an der gleichen Uni studieren und ursprünglich aus der gleichen Gegend kommen, aber bisher in den 10.000 anderen untergegangen sind.

Überhaupt sind Menschen doch viel mehr wert als Geld. Letzten Sommer habe ich beim YMCA-Festival in Prag am Backstage-Einlass gearbeitet. Statt dafür bezahlt zu werden, bekam ich Rabatt auf den Teilnahmepreis. Finanziell war es das bisher teuerste Festival, an dem ich teilnahm. Dafür bin ich aber auf dem Hinweg mit einem Nachtzug gefahren, der fast überfallen worden wäre, was ich mit meinem Sitznachbarn verhinderte. Und vor Ort lernte ich viele viele weitere Menschen aus der ganzen Welt kennen - so habe ich nun Kontakte nach Island, Dänemark, Ungarn, in die Niederlande und in die USA. Wofür brauche ich eine große Wohnung, Luxusgüter, einen vollen Kühlschrank? Ich bin sowieso kaum zuhause.

Wenn wir Karriere machen und viel Geld anhäufen, schützt uns das nicht davor, unseren Job irgendwann zu verlieren und doch arbeitslos zu werden. Dann brauchen wir das Geld auf, bis nichts mehr da ist und der Staat uns unterstützt. Dann jammern wir, dass der Staat uns erst gezwungen hat, alles aufzubrauchen, und danach jammern wir darüber, dass er uns ja viel zu wenig gibt.

Hätten wir unsere Zeit statt in profitable Geschäftskontakte lieber in gute Freunde investiert, wären die jetzt für uns da. Unser Konto wäre nicht so voll, aber der Kühlschrank trotzdem nicht leer, und vom Staat würden wir gefühlt auch nicht so wenig bekommen. Wir würden uns vielleicht umorientieren und einen anderen Job finden, für den wir uns nicht überqualifiziert fühlen würden, und weiterleben. Am Wochenende frei haben und im Sommer draußen grillen, bis die Wolken wieder lila sind.

Wenn ich das nächste Mal jemanden jammern höre, der seinen Mercedes nicht volltanken kann, zeige ich ihm meine letzten Kontoauszüge. Er wird weinen. Ich werde glücklich sein.



Sonnenaufgang in Heinersdorf

Früh morgens am Probenraum.

Sonnenaufgang Heinersdorf Gewerbegebiet verkleinert.jpg

Sonnenaufgang Heinersdorf Chemnitz verkleinert.jpg



Zufallswissen: Island

Isländische Namen werden nahezu immer aus dem Vornamen und einem Patronym gebildet, also einer Kombination aus dem Vornamen des Vaters und einem Anhang dóttir ("Tochter des") oder son ("Sohn des"). Ich hab's unter meinen isländischen Facebook-Kontakten geprüft - sie heißen wirklich alle so!

Das isländische Alphabet hat 32 Buchstaben. Es beinhaltet eine Mischung aus den uns bekannten germanischen Buchstaben, wie wir sie auch verwenden, einigen Varianten mit Akzenten sowie der Ligatur Æ, der Rune Thorn Þ und dem indogermanischen ð, das unter anderen auch die Dänen und die Briten verwenden, aber nicht so schreiben.

Überhaupt stellt die isländische Sprache einige Anforderungen an den, der sie erlernen will. So gibt es eine viel größere Anzahl an Wörtern alleine durch Deklinieren und Flektieren - bei Zahlen gibt es bis zu zwölf Varianten! Dazu kommen, wie in vielen Sprachen, an die Region angepasste Vokabeln - auf Island, der dünnstbesiedelsten Region Europas (3 Einwohner pro Quadratkilometer - in Deutschland sind es 226), viele Vokabeln für Tiere, die z.B. öfter als im Deutschen je Geschlecht ein eigenes Wort bekommen.

Obwohl Island in großen Teilen von Gletschern bedeckt ist, wird es dort nie wesentlich kälter als 0 Grad Celsius. Dafür wird es auch im Sommer keine 20°C warm - immerhin kann man dann aufgrund der zur geografischen Lage um zwei Stunden nach vorn verschobenen Zeitzone UTC+0 in manchen Regionen die Sonne bis nach Mitternacht sehen.

Für mich aber gerade am Wichtigsten: Die Isländer sind ausgesprochen gastfreundlich - und von Berlin kostet ein Return-Flug selbst im Sommer unter 300 Euro. hahahah