Alle Artikel zu #geld


Statement gegen Zweiklassengesellschaft... teilweise.

Statistischer Wohlstand hin oder her, gefühlt haben sich noch nie so viele Menschen über eine Zweiklassengesellschaft in Deutschland beschwert wie im Moment, zumindest nicht zu meinen Lebzeiten. Während größere Aspekte wie ungerechte Bezahlung mancher Berufsfelder oder Lücken im Sozialsystem große Probleme erfordern, für die mir definitiv Kompetenzen fehlen, ärgert mich gelegentlich auch etwas ganz anderes: Es scheint immer noch okay zu sein, sich besser zu fühlen, wenn man mehr Geld hat. Das ist ein Problem, welches durch Verhalten von Individuen ausgelöst wird und dazu kann man schon eher mal was sagen.

Ich schrieb letztens auf Twitter:

Ich diskutiere manchmal mit Menschen über 1. / 2. Klasse im Zug und über Privatpatienten-Privilegien. Werde dann gefragt warum ich gegen beides bin. Ganz einfach: Erkauf dir soviel Besitz wie du willst, aber bei allem, was du und ich teilen, sollte Gleichberechtigung herrschen.

Das fasst es schon sehr gut zusammen. Die meisten Menschen, die ich treffe, die offensichtlich wohlhabender sind als ich, können da vermutlich nicht direkt etwas für. Sie haben Karriere gemacht, sind besser ausgebildet, arbeiten in einem prinzipiell besser bezahlten Beruf oder vielleicht profitieren sie auch einfach von irgendeinem unfairen System. Nichts von alledem ist prinzipiell verwerflich, und dafür, dass es Studenten finanziell im Allgemeinen scheiße geht, können diese Menschen vermutlich auch nichts. Sollen sie also mit ihrem Geld machen, was sie für richtig halten.

Aber.

Ich erwarte keine Almosen von Menschen, die mehr Geld haben als ich, so schlecht geht es mir zum Glück nicht. Ich erwarte aber Respekt. Die ganze Geschichte funktioniert nämlich auch andersherum: Vielleicht hat mein Gegenüber gar nichts dafür tun müssen, mehr Geld zu haben. Vor allem aber ist es nicht meine Schuld, dass ich permanent pleite bin. Es ist großartig, dass Studieren in Deutschland kostenlos ist, trotzdem ist es eine enorme Herausforderung, die trotzdem anfallenden Ausgaben zu bewältigen. Chancen, Reichtum anzuhäufen, bestehen da nahezu nie, und auch alles an Sonderrechten für Studenten beschränkt sich, sofern überhaupt vorhanden, auf die Ermöglichung der reinen Existenz.

Trotzdem muss ich manchmal zum Arzt, und trotzdem will ich natürlich ab und zu meine Freunde sehen, auch wenn die weit weg wohnen. Dabei möchte ich gerne mit dem Zug reisen, damit es nicht absurd langsam oder absurd umweltschädigend ist, und ich würde dabei gerne keine Rückenschmerzen bekommen und auch nicht stehen müssen. Wer also über entsprechend Geld verfügt, darf sich gerne eine Villa bauen und mit einem dicken Auto durch die Gegend fahren, aber wenn wir beide Zug fahren, haben wir das gleiche im Sinn, nämlich bequem von A nach B kommen und uns dabei vielleicht etwas entspannen. Darauf hat keiner von uns beiden ein größeres Anrecht - nicht aufgrund des Geldes.

Ich räume gerne einen Platz nah am Eingang für jemanden, der schlecht laufen kann. Ich bin auch bereit, meinen Platz am Tisch jemandem zu überlassen, der unterwegs arbeiten muss, weil er einen stressigen Job hat. Ich werde allerdings sicher nicht einen beliebigen Platz räumen, weil die Bahn sich gedacht hat, sie müsse ein paar Sitzplätze für gut zahlende Kunden reservieren. Und vor allem finde ich es absurd, in rappelvollen Regionalzügen (und auch weniger vollen Fernzügen) einen Bereich für Erste-Klasse-Kunden freizuhalten, falls sich denn mal ein solcher dorthin verirrt. Das hiesige Zugsystem ist grundlegende Infrastruktur und sollte für jeden gut funktionieren - es ist keine luxuriöse Dienstleistung für Wohlhabende.

Aus ähnlichen Gründen stört mich auch das Privatpatienten-System in der medizinischen Versorgung. Darauf möchte ich nun nicht auch noch eingehen, da es sich doch deutlich komplexer verhält (andere Abrechnungsarten, Personen, die zwangsweise privatversichert sind usw.), jedoch sollte auch hier aus den gleichen Gründen wie oben gelten: Medizinische Versorgung steht jedem zu. Wenn ich das Pech habe, in einer Stadt mit schlechter Arztabdeckung zu leben, oder einen speziellen Facharzt benötige, ist es unfair, wenn meine finanzielle Situation meine Chancen auf eine gute Behandlung noch weiter verschlechtert.

Also... jedem seinen Wohlstand, aber nicht, wenn wir uns dabei in die Quere kommen.


Du möchtest zu diesem Artikel etwas sagen? Gerne! Auf Twitter: reply auf Twitter oder Facebook: kommentiere auf Facebook oder per Mail an blogkommentare [ät] konzertheld.de!



Verhältnismäßigkeit

Duisburg HBF (3).jpgWer …



Bis die Wolken wieder lila sind

Dass wir irgendwann alt werden, dagegen können wir nichts tun. Wir können nur beeinflussen, was wir dann sehen, wenn wir uns umdrehen und zurück blicken. Aber ganz viele andere Menschen möchten auch gerne beeinflussen, womit wir die Zeit bis dahin verbringen. Sie glauben zu wissen, wie wir erfolgreich werden, was wir dafür tun müssen. Wie wir Karriere machen. Sie haben vielleicht selber nie Karriere machen können, aber wir müssen ja nicht auch so enden. Außerdem sind wir ja noch jung und junge Menschen können viel lernen und hart arbeiten. Bis sie kaputt sind. Oder bis sie vielleicht von einem Wagen voller Stahlteile erschlagen wurden, weil ein zugekokster Vorarbeiter die Bremse nicht angezogen hat.

Aber vielleicht möchten wir gar keine Karriere machen. Vielleicht haben wir gar keine Lust, der Vorarbeiter zu sein, dessen Job so stressig ist, dass er mit dem Koksen schon lange nicht mehr aufhören will. Vielleicht sind wir auch viel zu jung, um über so etwas wie Rente nachzudenken oder darüber, wieviele Angestellte uns mit 28 unterstellt sind. Ein paar aus meiner Generation wissen vielleicht genau, was sie wollen, ziehen das straight durch und werden damit glücklich. Vielen geht es nicht so. Viele schmeißen ihr erstes Studium, manche scheitern danach wie ich auch noch mit einer Ausbildung. Überhaupt, scheitern. Was ist das schon? Drei Monate Ausbildung und neun weitere Monate in der Veranstaltungsbranche haben mir eine Menge Erfahrungen gebracht. Der Typ ist damals nicht von den Stahlteilen erschlagen worden, er ist rechtzeitig zur Seite gesprungen und blieb unverletzt, aber ich habe etwas später gekündigt und weiter gesucht.

Hier in Chemnitz an der Uni denken die Studenten nicht, sie müssten Karriere machen oder in 6 Semestern mit dem Studium fertig sein. Einige wollen das, klar, aber die Hörsääle bei den Vorträgen zu Auslandssemestern sind auch rappelvoll. Was wird man damit, fragen mich die Leute, wenn ich sage, dass ich Sensorik und kognitive Psychologie studiere. Wissen wir alle nicht so genau, sage ich dann manchmal. Irgendwas cooles hochbezahltes oder arbeitslos.

Überhaupt ist es nicht so schlimm, mit extrem wenig Geld zu leben. Statt mit dem Auto kann man hier wunderbar Fahrrad fahren - da braucht man auch nur zwei Winterreifen und nicht vier. Und zu den Verwandten in den Westen geht es dann eben mit dem Fernbus. Da trifft man dann vielleicht noch wunderbare Leute, die an der gleichen Uni studieren und ursprünglich aus der gleichen Gegend kommen, aber bisher in den 10.000 anderen untergegangen sind.

Überhaupt sind Menschen doch viel mehr wert als Geld. Letzten Sommer habe ich beim YMCA-Festival in Prag am Backstage-Einlass gearbeitet. Statt dafür bezahlt zu werden, bekam ich Rabatt auf den Teilnahmepreis. Finanziell war es das bisher teuerste Festival, an dem ich teilnahm. Dafür bin ich aber auf dem Hinweg mit einem Nachtzug gefahren, der fast überfallen worden wäre, was ich mit meinem Sitznachbarn verhinderte. Und vor Ort lernte ich viele viele weitere Menschen aus der ganzen Welt kennen - so habe ich nun Kontakte nach Island, Dänemark, Ungarn, in die Niederlande und in die USA. Wofür brauche ich eine große Wohnung, Luxusgüter, einen vollen Kühlschrank? Ich bin sowieso kaum zuhause.

Wenn wir Karriere machen und viel Geld anhäufen, schützt uns das nicht davor, unseren Job irgendwann zu verlieren und doch arbeitslos zu werden. Dann brauchen wir das Geld auf, bis nichts mehr da ist und der Staat uns unterstützt. Dann jammern wir, dass der Staat uns erst gezwungen hat, alles aufzubrauchen, und danach jammern wir darüber, dass er uns ja viel zu wenig gibt.

Hätten wir unsere Zeit statt in profitable Geschäftskontakte lieber in gute Freunde investiert, wären die jetzt für uns da. Unser Konto wäre nicht so voll, aber der Kühlschrank trotzdem nicht leer, und vom Staat würden wir gefühlt auch nicht so wenig bekommen. Wir würden uns vielleicht umorientieren und einen anderen Job finden, für den wir uns nicht überqualifiziert fühlen würden, und weiterleben. Am Wochenende frei haben und im Sommer draußen grillen, bis die Wolken wieder lila sind.

Wenn ich das nächste Mal jemanden jammern höre, der seinen Mercedes nicht volltanken kann, zeige ich ihm meine letzten Kontoauszüge. Er wird weinen. Ich werde glücklich sein.



Bits, Bytes und Baumwolle

Diese Welt ist viel zu sehr von Geld abhängig.

Vorhin war ich einkaufen. Nein, falsch - ich ging in einen Supermarkt, packte Ware in meinen Wagen, ging zur Kasse und brachte die Ware anschließend zurück in die Regale. Die Kasse akzeptiert keine Kreditkarten.

Während die Miete bereits abgebucht und mein Konto dadurch im Minus ist, kam die eingehende Zahlung bisher nicht an. Der übliche Engpass am Monatsanfang eben. Kein Problem, dafür hat man ja die Kreditkarte, mit der man immer erstmal bezahlen und später über die Deckung nachdenken kann. War in diesem Fall leider nix.

Und warum bietet Netto keine Kreditkartenzahlung an? Weil es Geld kostet. Weil man dafür teurere Lesegeräte braucht und dann auch noch Gebühren bezahlen muss, die höher sind als die für die EC-Zahlung mit PIN-Eingabe. Und warum spart Netto bei sowas, Edeka aber nicht? Weil Netto ein Discounter ist (naja). Die wollen ihre Ware billig verkaufen und trotzdem Mercedes fahren. Und die Leute kaufen's, denn billig ist geil. Außerdem sind wir alle pleite und auf billige Ware angewiesen, denn - wir müssen ja die Miete bezahlen.

Die Manager von Netto wollen gerne Mercedes fahren dürfen, weil sie Verantwortung für viele Menschen tragen. Wenn der Manager einen Fehler macht, kostet das viele Menschen ihren Job. Wenn die Kassiererin den Pfandbon klaut (Miete!), wird sie gefeuert. Ups.

Die Makler und Immobilienbesitzer, die jetzt ihre Miete haben, wollen auch gerne Mercedes fahren und Urlaub auf den Bahamas machen, denn... ja, warum sollte man sonst so einen nervigen Job machen. Dafür kann man dann mit den Interessenten auch im offenen Cabrio durch die Stadt heizen, die kalte Herbstluft mit der Heizung wegblasen und sie dabei vollquatschen, um noch Sympathiepunkte zu gewinnen (die Konkurrenz!).

Aber Makler sind super, denn sie wissen, was wir wollen, und können uns deshalb schnell passende Wohnungen vermitteln (oder auch nicht). Und was wäre die Welt ohne große Supermarktketten, die gemanaget werden müssen, da könnten ja die ganzen linksalternativen nicht mehr containern gehen, weil wieder mal überschüssige Ware in den Müll geworfen wurde.

Und weil die Welt so super ist, gibt es heute eben Spagetti zum Frühstück. Und in der Vorlesung überlege ich mir, wie ich an Ersatzteile für's Fahrrad komme. Immerhin hat die Chemnitzer Uni eine Fahrradselbsthilfewerkstatt, in der man kostenlos Werkzeug und tatkräftige Unterstützung bekommen kann. Und das ohne Studiengebühren!



8000 Mark

Bei SKL ist erstmals über eine Milliarde Euro im Gesamtgewinnpott. Ich spiele zwar keine Glücksspiele, aber das bringt mich zum Nachdenken: Was würde ich damit machen, wenn ich das gewinnen würde? Eigentlich fehlt es mir an nichts.

Okay, ich würde mir ein Auto kaufen, das wäre schon praktisch. Aber was ist schon der Kaufpreis eines Autos gemessen an einer Milliarde. Ein Haus bauen ist ein Traum von mir. Aber wo? Ich habe ja nichtmal eine Ausbildung. Und nicht arbeiten kommt nicht in Frage, vom Nichtstun ohne festen Tagesablauf werde ich irgendwann wahnsinnig. Es muss ja kein 40-Stunden-Job sein. Aber bei einer Milliarde hätte ich für den Rest meines Lebens jeden Monat eine Million Euro zur Verfügung...

Vermutlich würde ich erstmal verreisen. Pläne und Zeit habe ich genug, nur am Geld mangelt es. Und wenn ich West- und Osteuropa und Nord-, Mittel- und Südamerika abgeklappert hätte, würde ich vermutlich umziehen. Irgendwohin, wo ich niemanden störe wenn ich Schlagzeug spiele und mich nachts niemandes Fernseher nervt. Aber das wird schon schwierig, denn gleichzeitig würde ich so zentral wohnen wollen wie jetzt, und in Kombination gibt es das eigentlich nicht, jedenfalls nicht hier in der Nähe, und weiter weg will ich nicht.

Und das ganze Geld... sicher würde es etliche Leute geben, die was davon haben wollen. Das wäre auch wieder lästig. Also müsste das Geld eigentlich irgendwie weg. Wenn es so wäre wie bei Supershirt, wäre das mit dem Geld loswerden ganz einfach. Ein Bier kostet 8000 Mark, da geht das ganz schnell. Andererseits würden zwei Bier dann auch 8000 Mark kosten und vielleicht würde ich Alkoholiker werden.

Vielleicht ist es gar keine so dumme Idee, sich so zu verhalten wie der Unbekannte, der mal irgendwo den Jackpot geknackt und hundert Prozent gespendet hat. Ist vermutlich auch entspannter als einen Teil zu behalten. Und wenn das ginge, ohne große Aufmerksamkeit einen Teil zu behalten, dann würde ich vielleicht meine aktuellen Pläne umsetzen und den Rest verschenken. Nach Kanada fliegen, ne Interrail-Tour machen und dann so weiter wie bisher. Schließlich geht's mir eigentlich ziemlich gut und soo glücklich macht Geld nun auch nicht...



Umbruchphase

Eben habe ich meinen BaFög-Antrag eingeworfen. In ein paar Stunden geht das zweite Semester los. Letztens bekam ich meine erste Absage, die bedeutete, dass ich die Wohnung in die ich gerne einziehen wollte nicht bekommen würde. Die letzte Stunde habe ich damit verbracht, nach Alternativen zu suchen, und Dienstag werde ich mich bei einer Wohnungsgenossenschaft vorstellen, deren Wohnungen interessant sind.

Dieses Jahr ziehe ich also aus. Ich schreibe das so nachdenklich, eigentlich habe ich bisher noch gar nicht so viel darüber nachgedacht. Ich bezeichne mich manchmal als Denker, aber was Handlungen angeht, trifft das nicht zu. Ich erinnere mich noch gut an die Menge Kopfschütteln, die es mir gebracht hat, spontan Elektrotechnik und Informationstechnik in Bochum zu studieren. Ohne mir andere Unis anzugucken oder großartig über andere Studiengänge nachzudenken. Es war richtig! Und jetzt ist halt die Zeit gekommen, auszuziehen, alleine schon, weil ich ab morgen wieder das Kotzen kriegen werde von der Fahrerei, jeden Tag ne Stunde hin und ne Stunde zurück.

Der BaFög-Antrag mit all den Papieren, die da noch fehlen, wird wohl mein erster echter Behördenkrampf. Steuererklärung war einfach, beim BaFög habe ich jetzt schon Diskussionen mit meinen Eltern hinter mir, versucht Paragrafen zu deuten und festgestellt, dass das Amt wo man gerne hin möchte nie offen hat. Bin gespannt, wie's weiter geht.

Drückt mir die Daumen, dass ich genug BaFög bekomme, um die Wohnung, die ich noch finden muss, bezahlen zu können, damit ich ohne Job auskomme.