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Exkursion zum Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

Für mein Bachelorstudium waren mehrere Exkursionen vorgeschrieben und über eine mussten wir einen Bericht schreiben. Ich entschied mich für den Besuch des Max-Planck-Institutes für Kognitions- und Neurowissenschaften, wo wir einige Vorträge hörten und zwei Forschungseinrichtungen besuchten. Da der Exkursionsbericht durchweg auf gutes Feedback stieß, möchte ich ihn hier einfach teilen, obwohl er inzwischen mehrere Jahre alt ist. Folgend also der eingereichte Text im Original.

Übrigens kann man hier inzwischen wieder Kommentare hinterlassen - darüber würde ich mich sehr freuen! Dazu einfach die Einzelansicht eines Eintrags durch Klick auf die Überschrift öffnen und dann unten den Kommentarbereich ausfüllen. Kommentare werden nach Moderation freigeschaltet.

Vorträge

Nach der Anreise zum Max-Planck-Institut wurden wir gegen 10 Uhr begrüßt und erhielten zunächst einen Überblick über das MPI in Leipzig sowie die Max-Planck-Gesellschaft als Ganzes. Hierbei wurden bereits einige Fragen zu möglichen Anstellungen im MPI bzw. zur Forschung am MPI beantwortet. Das Institut stellte sich vergleichsweise positiv dar (u.a. wegen der zur Verfügung stehenden Geldmittel), es wurde aber auch schnell klar, dass sich eine Bewerbung hier gegen viele Konkurrenten durchsetzen muss.

Anschließend stellte eine Forscherin des Instituts ihre aktuelle Arbeit vor. Wir lernten dabei vor allem die Theory of mind kennen; in den vorgestellten Studien wurde untersucht, ab welchem Alter Kinder die Fähigkeit entwickeln, zu verstehen, was andere denken, und das die Annahmen anderer Personen falsch sein können, und mit welchen Gehirnregionen diese Fähigkeit korreliert ist.

Führung 7-Tesla-Scanner

Als zweiter Programmpunkt im MPI stand ein Vortrag mit Besichtigung des MPI-eigenen MRT-Scanners an. Dieser unterscheidet sich von den in Medizin und Forschung häufiger gebrauchten Geräten durch eine 4 bis 5,5 Tesla höhere magnetische Feldstärke (Faktor 2,3 bis 4,6). Die höhere Feldstärke führt zu einer größeren Zahl ausgerichteter Protonen, wodurch sich wiederum das Signal-Rausch-Verhältnis deutlich verbessert und letztlich eine höhere Auflösung erreicht werden kann - im Falle des 7T-Scanners können Blöcke mit einer Größe von weniger als 1mm unterschie­den werden.

Neben diesem Vorzug eines stärkeren Magnetfeldes im MRT lernten wir auch mehrere Problemati­ken kennen, die das aus dem Studium gewohnte Bild des einfach universell verwendbaren Hilfsmittels an die Realität anpassten. So sind bei höherer Feldstärke Interferenzeffekte zu beobachten, die bei den „handelsüblichen“ Feldstärken nicht auftreten. Gesundheitliche Risiken bei dieser Belas­tung sind noch nicht abschließend erforscht. Außerdem wurde bei der Führung klar, welcher techni­sche Aufwand (Abschirmung, Kühlung, aufwändige Verstärkertechnik) zum Betrieb eines MRT-Gerätes notwendig ist.

Vortrag und Besichtigung MEG - Außenstelle Bennewitz

Auch die letzte Station der Exkursion, das MEG-Labor in der MPI-Außenstelle Bennewitz, war besonders in Bezug auf die verschiedenen Problematiken beim Betrieb moderner Medizintechnik lehr­reich. Wir erfuhren bald, dass bereits die Wahl des Standortes der Reduktion von äußeren Störein­flüssen diente. Diese ausreichend zu beseitigen gestaltet sich wesentlich schwieriger als die Durch­führung der eigentlichen Messung, da die am Gehirn messbaren Signale so schwach sind, dass selbst weit entfernte Quellen (z.B. Zug-Oberleitungen) ein Problem darstellen.

Außer der Wahl eines von Stadtzentren entfernten Standortes wurde daher zusätzlich eine Abschir­mung um den Versuchsraum errichtet und es werden durch verschiedene spezielle Geräte (z.B. opti­sche Schalter mit Lichtwellenleitern) Störeinflüsse aus dem Versuchsraum reduziert. In den im Gerät verbauten Sensoren werden ebenfalls Maßnahmen zur Auslöschung von Störsignalen angewen­det; so werden etwa planare Gradiometer mit zwei gegensinnigen Spulen zur Messung der magneti­schen Felder verwendet. Durch die Nähe zum Kopf des Probanden können damit Unterschiede in den vom Gehirn stammenden Magnetfeldern festgestellt werden, während von außen kommende Störsignale gleichermaßen auf beide Spulen treffen und so durch deren Gegensinnigkeit ausgelöscht werden.

Abschließend zur Besichtigung des MEG-Labores wurden einige Fragen zum Betriebsablauf des Labores und zur Verwendung und Wartung der Geräte gestellt. Hierbei wurde klar, dass die Kom­plexität längst das Niveau überstiegen hat, auf dem sich ein typischer Anwender bewegt. Forscher und Techniker sind hier also eindeutig verschiedene Personen(gruppen), nur einfachste Wartungsar­beiten können von den Mitarbeitern des Labores selbst durchgeführt werden. Diese Erkenntnis wirft ein weiteres Mal die Frage auf, welche Berufsfelder Studenten der Sensorik und kognitiven Psycho­logie außerhalb der Forschung tatsächlich offenstehen - wenn selbst das Wissen im Hauptfach ausgebildeter Ingenieure gerade zur Bedienung und zum Verständnis moderner Messgeräte ausreicht.

Insgesamt hat uns die Exkursion vor allem einen interessanten Einblick in die tatsächliche Anwen­dung von MRT und MEG und in den realen Forschungsalltag gegeben. Während das bisher vermittelte Wissen durchaus ausreichte, um den Inhalten der Vorträge zu folgen, zeigte sich schnell, dass in der Praxis auch ganz andere Themen und Probleme eine Rolle spielen. Weitere Einblicke in Anwendungsbereiche außerhalb der Universität sind daher stark zu empfehlen.

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Klinisches Praktikum - Strahlung und Strahlentherapie

Fast zwei Jahre sind meine zwei Wochen Praktikum im Klinikum schon her, da taucht dieser fertige Artikel wieder auf. Da ich ihn nicht geschrieben hätte, wenn es nicht um spannende Themen gehen würde, will ich ihn euch nicht vorenthalten.

Nach den drei Blöcken in der Kardiologie folgten einige eher lose organisierte Einblicke in verschiedene Bereiche. Wir verbrachten einen Tag in den Röntgen-Bunkern, was recht interessant, aber wenig spektakulär war. Wir lernten, das im Krankenhaus unheimlich viel klassisch geröntgt wird, hier in Chemnitz vor allem Oberkörper und Beine. Es werden Schrittmacher-Sonden kontrolliert, es wird Wasser in der Lunge gesucht und es werden Schienen, Nägel und Schrauben geprüft. Vor allem aber lernten wir, dass es für die zuständigen Mitarbeiter Fließbandarbeit ist, und waren froh, dort raus zu kommen.

Zum Röntgen gehört auch die Computertomografie (CT), wo, genauso wie im Röntgen, die Mitarbeiter bloß ausführende Kraft sind, und auch dort geht es zu wie am Fließband. Nach zwei Patienten, deren Untersuchung wir beiwohnten, fiel das CT auch noch aus, so dass wir dort nicht viel lernten. Dafür gibt es ein Foto (unten). Ebenfalls in der Abteilung Röntgen durchgeführt werden Angiografien - die kannten wir schon vom Herzkatheterlabor.

photo of a CT device in a hospital

Den Mittwoch verbrachten wir in der Abteilung für Medizintechnik, also dort, wo wir später potenziell arbeiten können. Das war recht aufschlussreich, brachte aber wenig Inhalte mit sich, die ich hier präsentieren könnte. Daher weiter zum spannendsten Teil der zweiten Woche: Unser Besuch in der Strahlentherapie.

(Chronologisch richtig würde ich hier noch anführen, dass ich auf persönlichen Wunsch mit zu einer Fallbesprechung durfte, in der MRT-Untersuchungsergebnisse im größeren Ärztekreis diskutiert wurden, was zwar spannend anzusehen, aber zugegebenermaßen nicht besonders nützlich war. MRTs von anderen Dingen als dem Gehirn sind außerdem cool, aber eben nicht so spannend wie fMRT-Scans vom Gehirn.)

Der Herr von der Strahlentherapie hielt uns dann zunächst einen Vortrag, was uns schon erschaudern ließ, aber glücklicherweise verstand er es doch recht gut, seiner Begeisterung für sein Gebiet Ausdruck zu verleihen. Wir lernten viel am Beispiel der Behandlung von Prostatakrebs. Auf dem Gebiet ist das Klinikum Chemnitz führend - man arbeitet dort mit sogenannten Seed-Implantationen. Dabei wird ein kleines (1x5mm) Strahlenpräparat in die Prostata eingesetzt und dauerhaft dort belassen. Das führt zwar dazu, dass die Patienten 6 Monate lang niemandem für längere Zeit näher als einen Meter kommen sollten, dafür ist es aber ein extrem zuverlässiges Verfahren. Konkret wurden uns 431 Patienten genannt, die in den bisherigen zehn Jahren behandelt wurden, von denen 425 keinerlei neue Krebszellen gebildet haben und nur 6 rezidiv waren. Allerdings werden mit dieser Methode auch nur Patienten mit sowieso guten Prognosen behandelt, also solche ohne Metastasen und mit moderater Progression. Man sollte sich also nicht blenden lassen und darf durchaus die Stirn runzeln angesichts der Tatsache, dass man als so behandelter Patient seine Prostata nach dem Tod als radioaktiven Abfall entsorgen lassen muss.

Von der Strahlenbelastung für den Patienten ist das allerdings wohl die beste Methode, da direkt am Ziel behandelt wird. Weitere Maßnahmen wie eingeklebte Kissen zwischen Prostata und Darm verbessern die Situation noch weiter. Selbst Methoden wie Bestrahlung im Nahfeld (zeitweise wiederholte Einführung eines Strahlenpräparates über den Darm, oder z.B. bei Gebärmutterkrebs über die Vagina) sind längst nicht so schonend, ganz zu schweigen von der bekannteren perkutanen Bestrahlung (also der Bestrahlung von außen durch die Haut).

Letztere ließen wir uns dann noch live vorführen. Zugegebenermaßen bin ich schwer beeindruckt von der extrem hoch entwickelten Technik moderner Bestrahlungsmaschinen. Es war auch der Höhepunkt des immer wiederkehrenden Mantras "Lagerung ist alles": Die Patientin, die wir zu sehen bekamen, wurde bestimmt 15 Minuten lang aufwändig positioniert, Kopfhalterungen und Gesichtsmasken zum Strahlenschutz werden individuell angefertigt, natürlich ist der Lagerungstisch auf jede erdenkliche Art verstellbar und ich bin sicher, ich vergesse noch einige Aspekte. Die tatsächliche Bestrahlung dauerte dann kaum eine Minute.

Moderne Computerberechnungen steuern ihren Teil bei, jede Bestrahlung wird vorher simuliert, die Strahlenfelder können inzwischen recht fein modelliert werden (kein Tumor ist ein schnödes Rechteck oder ein Kreis). Mit Infrarotlicht wird während der Bestrahlung die Atmung analysiert und es wird immer dann bestrahlt, wenn bedingt durch die Atmung alle unbeteiligten Organe möglichst weit weg vom Zielort sind (deren Lage in bestimmten Atemphasen wird vorher durch CT bestimmt).

Beobachtet haben wir die Behandlung über Video hinter drei Meter dicken Betonwänden und einer 70cm dicken Bleiparaffintür, auch das durchaus beeindruckend. Auch einige Sidefacts konnten wir aufschnappen, so kostet ein Bestrahlungspräparat etwa 4000 Euro im Vierteljahr - danach ist die Strahlendosis durch Zerfall so gering, dass die Präparate ausgetauscht werden. Bis dahin muss die Bestrahlungsdauer entsprechend angepasst werden - Peanuts gegen die Berechnungen, die zur Konzentration der Strahlendosis auf das Zielgebiet dienen.

Den letzten Tag verwendeten wir auf die Auswertung des Praktikums. Mir persönlich hat es eine Menge spannende Einblicke gebracht - für das Studium und das spätere Berufsleben direkt relevant war nur der Tag bei den Technikern, aber auch die anderen Erfahrungen werden die meisten Menschen nie machen. Daher bin ich froh, das Praktikum hier in Chemnitz absolviert zu haben, wo die Kooperation mit der Uni doch recht gut läuft. Nicht im Sinne guter Organisation, wohl aber in dem Sinne, dass man uns an vielen Orten Zugang gewährt hat. Und außerdem finden wir uns jetzt in den Irrgängen des Klinikums etwas besser zurecht...



Meine vier besten Lerntricks für die Uni

Bei meiner langen Studiendauer kann man ja durchaus der Meinung sein, dass ich nix kann oder nicht effizient lerne. Tatsächlich ist es aber so, dass ich in der Zeit einige für mich sehr gut funktionierende Methoden entdeckt habe, die mir das Lernen viel leichter machen.

Karteikarten
Zunächst mal eine Methode für das Lernen an sich. In meinem Studium muss man in der Psychologie viel auswendig lernen und auch in den physikalischen Fächern sollte man gewisse Sachen einfach wissen. Karteikarten funktionieren für mich am Besten, sogar extrem gut, in irrsinniger Geschwindigkeit stopfe ich mein Gehirn mit Wissen voll. Dafür nutze ich Anki, ein Programm, mit dem man Karteikarten erstellen und sich automatisch in psychologisch begründeten Intervallen wieder vorlegen lassen kann, abhängig davon, wie gut man den Inhalt schon konnte.
Mikropausen
Zu Lernmethoden gibt es Millionen Artikel im Internet. Wichtig ist aber auch: Wie bringe ich mich dazu, überhaupt zu lernen, und wie bleibe ich dabei? Was mir hilft, sind ganz viele kleine Pausen während dem Lernen. Es gibt sooo viel zu tun (deswegen ist Prokrastination ja auch so leicht), also gehe ich alle paar Matheaufgaben Wäsche aufhängen, Tee kochen, lüfte das Wohnzimmer durch, bringe den Müll raus oder schreibe eine Einkaufsliste. Wichtig: Keine kognitiv anspruchsvollen Dinge, damit man danach besser wieder in den Stoff kommt bzw. gar nicht erst den Anschluss verliert. Du wirst in der Prüfungsphase immer zum Putzteufel? Super, wie wäre es, wenn du dir nach jeder halben Stunde Lernen erlaubst, ein bisschen was zu putzen? Am Ende des Tages sind Bad und Küche sauber, ein paar Übungsblätter abgearbeitet und deine Selbstdisziplin ist auch noch gestiegen.
Absichtlich etwas übrig lassen
Eine Methode von Reinhard Remfort, Physiker, Autor und Podcaster, der gerade an seiner Doktorarbeit schreibt: Anfangen ist leichter, wenn man mit einer einfachen Kleinigkeit beginnen kann. Also ruhig mal absichtlich etwas übrig lassen am Ende eines Tages, womit man am nächsten Tag anfangen kann. Formelsammlung weiterschreiben, stumpf Folien in Karteikarten abtippen, Formatierung bei der Bachelorarbeit anpassen, nicht verstandene Vokabeln raussuchen. Hat man einmal angefangen, ist das Gehirn bereit, auch richtige Aufgaben zu bewältigen.
Umgebung
Und noch ein Klassiker: Ablenkungen entfernen, Umgebungen separat halten. So wie man zwecks besserem Schlaf das Bett nur zum Schlafen benutzen soll, hilft auch beim Lernen z.B. ein anderer Schreibtisch. Nicht ohne Grund gehen viele zum Lernen in die Bibliothek. In der Prüfungsphase esse ich am Schreibtisch und benutze den Esstisch nur noch zum Lernen. Dort liegen dann zum einen meine Unterlagen immer schon parat, zum anderen hilft es mir auch mich zu fokussieren.

Natürlich ist Anfangen immer noch schwer und nach wie vor verzweifle ich gelegentlich über dem Stoff - aber zumindest methodisch gibt es einfach keine Ausreden mehr, dafür aber ein paar Erfolgserlebnisse. Und mehr habe ich nie verlangt.



Klinisches Praktikum 2. Tag - Einsetzen eines Schrittmachers

Auch den zweiten Tag des Praktikums verbrachte ich mit meinen beiden Kommilitonen auf der Intensivstation K010 und damit ihr nicht genauso erschlagen werdet wie ich, habe ich den zweiten Tag mal ausgelagert. Da gab es nämlich direkt wieder Action: Während wir noch müde bei der Visite den Pflegern hinterher schlurften, kam der Oberarzt rein und meinte, heute könne mal jemand mit in den Schrittmacher-Saal. Hier ich!

Schwupps zwei Türen weiter und wieder Vorbereitung, diesmal nicht nur im Raum und am Patienten, sondern auch an mir. Umziehen (jetzt nicht mehr in allgemeinblau, sondern in stylischem OP-grün1), OP-Schuhe an, Haarnetz, Mundschutz, blöde Witze reißen wie bescheuert wir alle aussehen, Schürze und "Kostüm" (Strahlungsschutz). Und natürlich: Feststellen dass die Realität mal wieder viel entspannter aussieht als im Fernsehen, der Herzschrittmacher-OP ist einfach ein Raum mit einem Regal, zwei Tischen und ein paar fahrbaren Geräten, mit direktem Übergang zu einem Vorraum mit typischer Büro-Arbeitsfläche. Nix mit Schleusen oder Beobachtungsfenstern (vielleicht woanders), bloß ein dickes Schild an der Tür - und ok, wir sind ja auch schon auf der Intensivstation, wo nicht jeder reindarf.

Herzschrittmacher

Auch im Saal hieß es wieder, gute Vorbereitung ist alles. Das Implantieren eines Herzschrittmachers dauert von Schnitt zu Naht nur 20-30 Minuten, insgesamt waren wir aber über eine Stunde beschäftigt. Desinfizieren der Patientin war natürlich angesagt und auch wieder allerlei Vorbereitungen zum Schutz der Wundumgebung. Der Eingriff wurde unter örtlicher Narkose durchgeführt, unsere Patientin war also bei Bewusstsein. Der Schrittmacher wird oben in die Brust eingesetzt, so kann auch das Gesicht verdeckt werden (man darf sich aussuchen ob zum Schutz vor Blutspritzern oder um als Patient nicht zusehen zu müssen). Auch die diesmal zum Einsatz kommenden elektrischen Geräte wollen kurz getestet werden.

Ablauf des Eingriffs (hier sagt niemand Operation) ist dann etwa so: An einer passenden Stelle wird das Hautgewebe durchtrennt bis runter auf die Muskelfaszie2. So wird eine Tasche geschaffen, in die der Schrittmacher eingelegt werden kann, und ein Zugang zur Vene. Mittels Katheter und der bereits bekannten Drahtführung werden unter Röntgenbildbeobachtung nacheinander die zwei Sonden unseres Zweikammerschrittmachers bis in das Herz transportiert und dort wahlweise eingehakt oder eingeschraubt. Dazu jeweils elektrische Tests, welche Spannung benötigt wird, um die zugrundeliegende Herzerkrankung zu therapieren (sollte möglichst gering sein, schont die Batterie). Dann Einsetzen des Schrittmachers und Zunähen.

Wir waren diesmal zu sechst im Raum, da jeweils ein Arzt und ein Pfleger gerade angelernt werden. Normalerweise wird der Eingriff von einem Arzt mit Assistenz eines Pflegers durchgeführt, dazu ein zweiter Pfleger, der an der entsprechenden Kontrollstation die elektrischen Tests durchführt.

Feststellung: Endoskopische Verfahren sind supercool. Vollnarkose ist nicht erforderlich, auch muss das Herz nicht eröffnet werden, überhaupt ist kein großes Aufschneiden nötig und auch der Schrittmacher ist bloß so groß wie ein 2-Euro-Stück. Gruselig ist höchstens noch die Vorstellung von in der Vene verlaufenden Drähten, die im Herzen festgemacht werden. Deren Lage und Fixierung wurde übrigens immer wieder kontrolliert, indem man die Patientin kräftig atmen ließ (nicht, dass alles verrutscht, sobald sie aufsteht).

Außerdem bemerkenswert: Es floss weitaus weniger Blut als am Vortag. Durchtrennte Blutgefäße werden umgehend elektrisch verödet, um den Blutfluss zu stoppen. Das erspart Transfusionen bzw. schont den Kreislauf und macht die Arbeit des Arztes angenehmer.

Während der Arzt die Patientin noch "zumachte", wurden parallel schon die am Schrittmacher eingestellten Werte dokumentiert, ein Schrittmacherpass erstellt und auch der Verlauf der OP, die verwendeten Materialien und die nötige Strahlendosis mussten erfasst werden. Bei so kurzen Eingriffen macht die Dokumentation schonmal 20% der benötigten Zeit aus, daher wird hier viel parallel gearbeitet. Das ist auch wichtig, weil beim nächsten Eingriff oder weiteren Einstellungen andere Personen beteiligt sein können - die dann schnell wissen müssen, wie es letztes Mal gelaufen ist.

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Foto des Schrittmachers: von J. Heuser unter der Lizenz CC-by-sa 3.0

Titelfoto (EKG, das eine Herzrhythmusstörung zeigt): von Bionerd unter der Lizenz CC-by 3.0

  1. Dieser Artikel zeigt sehr schön auf, warum OP-Kleidung grün ist - es steckt eine Menge Psychologie dahinter, und zwar sowohl Emotions- als auch Biopsychologie: Warum tragen Ärzte im OP grüne Bekleidung?
  2. Die oberste Schicht eines Muskels, also das erste, worauf man trifft, wenn man in Richtung Muskel durch die Haut schneidet.


Klinisches Praktikum 1. Tag - Geräte auf der Intensivstation & ein blutiger Eingriff

Während für mein erstes Fach Sensorik und kognitive Psychologie ein beliebiges studienbezogenes 9-wöchiges Praktikum vorgesehen ist, ist am Ende des dritten Semester Biomedizintechnik eindeutig geplant, dass zwei Wochen Praktikum im örtlichen Klinikum absolviert werden. Da der Dozent für alle unsere Medizinvorlesungen dort Oberarzt ist, ergibt das auch Sinn, sollte man meinen.

So unkompliziert wie dadurch die Vermittlung war, so wenig Informationen gab es auch. Während es bei der Ankündigung noch danach klang, als wäre es ein eher technisches Praktikum, wirkte die Einweisung eher wie für ein medizinisches Praktikum. Entsprechend ratlos tauchten wir also zu neunt früh um 8 auf der kardiologischen Intensivstation auf, wo unser Dozent uns in Empfang nahm (diesmal in Krankenhaus-Arbeitskleidung).

Der organisatorische Block verschaffte erste Klarheit: Wir würden allerlei verschiedene Stationen besuchen, in Dreiergruppen, nahezu vollständig als Zuschauer. Eine der Stationen würde die Haustechnik sein, aber insgesamt geht es wohl eher um einen allgemeinen Einblick in den Klinikalltag.

Meine Gruppe durfte die ersten beiden Tage auf der Intensivstation bleiben (der kardiologischen - auch mir war vorher nicht klar, dass es nicht "die" Intensivstation gibt). Dort bekamen wir an beiden Tagen jeweils die Möglichkeit, einem Eingriff beizuwohnen, ansonsten war allerdings nicht viel los. Intensivpatienten benötigen viel Pflege, Umlagerung, Verbände wechseln, Waschen, Medikamente und Messwerte kontrollieren... man bedenke, viele der Patienten dort schlafen aufgrund von Medikationen dauerhaft (bzw. sind sediert), viele hatten einen Herzstillstand und ja, die Prognosen sind oft schlecht und ziehen entsprechende Konsequenzen nach sich. Wir lernten, dass bei einem Herznotfall eine gut funktionierende Rettungskette (schnelles Auffinden, gute Ersthilfe, schneller Transport) wichtig ist, aber nicht immer ausreicht, und dass auch in schlecht gelaufenen Fällen gelegentlich eine gute Genesung erfolgt.

Da wir nicht zu Pflegepersonal ausgebildet werden, beschäftigten wir uns mittags mit herumstehenden idiotensicheren Geräte, klebten EKG-Elektroden an unsinnige Stellen und lösten natürlich keine Messungen aus, ohne entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Auch die Lektüre des Handbuchs zum Beatmungsgerät war nicht nur Beschäftigungstherapie, gerade im Vergleich zu den Heimbeatmungsgeräten aus dem Schlaflabor war es doch interessant zu sehen, was die Technik hergibt.

Nun aber zu den aufregenden Themen. Bevor wir am ersten Tag das freie Patientenzimmer zerlegten, wurde bei einem Patienten eine Tracheotomie durchgeführt. Eine Tracheotomie, das wussten wir vorher, ist ein Luftröhrenschnitt, den man nutzt, um einen semi-dauerhaften Anschluss für ein Beatmungsgerät zu schaffen. Wir wissen nun auch, es ist der nächste Schritt nach einer Intubation (Beatmung durch Schlauch im Mund). Eine Beatmung direkt in die Luftröre ermöglicht eine bessere Hygiene (der Mund ist ja dann nicht mehr blockiert) und sie ist wesentlich schonender für alle an der Atmung beteiligten Elemente, z.B. werden die Stimmlippen im Kehlkopf nicht durch trockene Luft belastet. Außerdem ist der Transportweg der Luft kürzer1, was es dem Patienten erleichtert, wieder selber zu atmen.

Zu einem Eingriff gehört eine Menge Vorbereitung, das sollte auch später immer wieder Thema sein. Gefallen hat mir die recht simple Methode des sterilen Tisches, der nur mit sterilen Händen angefasst werden darf und auf dem alle sterilen Geräte und Utensilien bereit gelegt werden. Interessant zu sehen war dabei, wie gelegentlich abgewogen wurde, was ausgepackt wird (weil ausgepackt = nicht mehr steril). Am Patienten wird nicht nur desinfiziert und aufgeschnitten, sondern es werden auch allerlei Maßnahmen zur Sauberhaltung ergriffen (es könnte Blut fließen) und vor allem ist eine richtige Lagerung sehr wichtig.

Trachea-Kanüle

An einer Tracheotomie sind mindestens zwei Personen beteiligt, in unserem Fall auch noch ein paar helfende Hände mehr. Während die Oberärztin den Schnitt durchführte und die Atemkanüle (Bild von Klaus D. Peter, Lizenz CC-BY-SA-3.0) anbrachte, kontrollierte eine der Schwestern per Endoskop die korrekte Lage der Führungsdrähte. Das Verfahren funktioniert dann nämlich so, dass zunächst mit einer Spritze ein Draht eingeführt wird, über den dann nacheinander immer dickere Dilatatoren (spitz zulaufende Plastikröhrchen) in das Gewebe geführt werden, um es ausreichend aufzuweiten. Da passt am Ende dann durchaus ein Finger rein. Der Beatmungszugang wird dann mehr oder weniger einfach eingesteckt und innen mit einem aufblasbaren Ballon festgehalten (damit der Schlauch nicht rausrutschen kann).

Es ist leider schwer, entsprechende Bilder aufzutreiben, die man auch verwenden darf, daher verweise ich an dieser Stelle mal auf ein (unblutiges) Video auf Wikimedia Commons. Es zeigt, was man durch das Endoskop sieht. Das Video wurde nicht bei einer hier beschriebenen Tracheotomie durchgeführt, sondern bei einem Eingriff aufgrund einer Beschädigung der Trachea, es zeigt also keinen gesunden Patienten, aber man bekommt einen guten Eindruck davon, was man sieht. Wir durften selbst mal reinschauen und in unserem Fall war die Bildqualität noch wesentlich besser.

Trachea-Endoskopie nach Trachea-Ruptur (es fließt kein Blut)

Was gab es sonst noch an Eindrücken am ersten Tag?

  • Viele Patienten werden beatmet, das kann mit Raumluft sein (wie ich es aus dem Schlaflabor kannte), üblicherweise ist aber ein höherer Sauerstoffanteil zugesetzt, da sonst keine ausreichende Sauerstoffsättigung im Blut erreicht wird. Vor kritischen Eingriffen sind es 100% Sauerstoff, um das Gewebe mit Sauerstoff zu fluten, damit während des Eingriffs kein kritischer Abfall auftritt. Bei gutem Verlauf werden die Patienten dann nach und nach entwöhnt: Der Sauerstoffanteil wird reduziert und der Atemvorgang selbst wird immer mehr dem Patienten überlassen, zunächst über entsprechende Einstellungen am Beatmungsgerät, dann über die Tracheakanüle (wie oben eine eingesetzt wurde) nur noch zeitweise, am Ende ist es nur noch Sauerstoffgabe über eine Nasenbrille.
  • Manche Patienten müssen aufgewärmt werden, weil sie ihre Körpertemperatur nicht aufrecht erhalten können. Andere werden heruntergekühlt (auf 32°C), um Organschäden durch Infektionen nach einem Ausfall des Herz-Kreislauf-Systems zu reduzieren.
  • Auf der Intensivstation blinkt und klingelt wirklich ständig irgendwas. Allerdings rennen dann nicht wie im Fernsehen wild Menschen durch die Gegend, denn erstens ist die Station von der räumlichen Ausdehnung her ziemlich klein und zweitens sind die Mitarbeiter dort doch recht entspannt.
  • Das EKG und die Sauerstoffsensoren in der Kardiologie sind viel toller als die im Schlaflabor. Auch wenn mir der EKG-Monitor gleich eine Herzrhythmusstörung diagnostiziert hat, weil wir die Elektroden lausig geklebt hatten.
  • Krankenhauskleidung hat kein innen und außen und auch nicht so richtig vorne und hinten. Wenn man sich schnell umziehen muss, muss man auf nichts achten.
  1. Geringeres Totraumvolumen = Volumen, das nicht zum Sauerstoffaustausch genutzt wird


Blogger-Alphabet: A wie Arbeit / Ausbildung

buero_tuc.jpgGerade …



Studium und Alltag 2

Das Schwierigste beim Studium ist, den Bezug zur Realität zu finden. Physiker stellen viele Ideale auf, damit sie Berechnungen durchführen können, und Psychologen arbeiten mit Theorien, die oft schwierig zu prüfen sind. Daher möchte ich in loser Folge festhalten, welche Alltagsphänomene mir begegnen, die mit den Themen meines Studiums tatsächlich erklärbar sind.

  • Physikalisches Praktikum: Auch wer Physik nicht verstanden oder nicht bestanden hat, wird im Praktikum zurecht kommen, denn Probieren geht auch an der Uni über Studieren. Neben besserem Verständnis für grundlegende physikalische Prinzipien nehme ich dabei vor allem auch den vernünftigen Umgang mit Messdaten mit. Niemand sollte der digitalen Küchenwaage die Präzision glauben, die sie mit zwei Nachkommastellen vorgaukelt. Und ob die 3€-Messschieber aus dem Baumarkt vernünftig geeicht sind, wage ich auch zu bezweifeln - aber immerhin weiß ich nun, wie man damit Zehntelmillimeter messen kann.
  • Evolutionstheoretische Gedanken zu Präferenzen bei der Geschlechterwahl: Was wir als attraktiv ansehen, steht für hohe Fitness, also für Vorteile gegenüber anderen beim Kampf ums Überleben. Aber auch wer stark gezeichnet ist, wirkt attraktiv, weil er damit eine hohe Resistenz gegen Angriffe / Feinde zeigt (denn er lebt ja trotz Verletzungen / Narben / usw. noch). Und weil wir uns gegen immer neue "Angriffe" verteidigen müssen, können wir es uns nicht leisten, über Generationen hinweg nur unser gutes Aussehen zu vererben - deshalb gibt es nicht nur unglaublich attraktive Menschen. Letzteres Phänomen wird als Lek-Paradox bezeichnet.
  • Wärmeaustausch: Ich verwende gelegentlich extrem heißes Wasser zum Spülen. Nach einiger Zeit ist es allerdings immer kalt - gemessen an der Ausgangstemperatur sogar recht schnell. Das liegt daran, dass ich immer eine ähnliche Menge Geschirrteile spüle - und dieses Geschirr Wärme aus dem Wasser aufnimmt. Nun ist die Wärme definiert als die Bewegungsgeschwindigkeit der Moleküle im Wasser; diese bewegen sich also schneller, wenn das Wasser heißer ist. Sich schneller bewegende Moleküle treffen öfter auf andere Körper (Geschirr) und übertragen dabei Energie (Wärme). Das Geschirr wärmt sich also auf (das war offensichtlich) - und zwar schneller, wenn das Wasser heißer ist. Deshalb lässt sich mit heißerem Wasser die gleiche Menge Geschirr schneller spülen (oder es lösen sich größere Verschmutzungen), aber keine größere Menge Geschirr spülen.


Alerta, Alerta

Der 5. März ist der Jahrestag der Zerstörung von Chemnitz im größten Bombenangriff auf die Stadt im zweiten Weltkrieg und heute auch der Chemnitzer Friedenstag. So wie die Neonazi-Szene in Chemnitz diesen Tag nutzt, um für ihre Politik zu demonstrieren, nutzen ihn auch zahlreiche Gegendemonstranten, um ein Zeichen zu setzen, dass braune Ideologien hier im 21. Jahrhundert nicht mehr erwünscht sind.

Auch die Uni hatte anlässlich des Friedenstages zur Demonstration aufgerufen und so versammelten wir uns am Nachmittag vor der Mensa. Mit Bildern aus Hamburg, Frankfurt und Istanbul vor Augen wirkte der Platz reichlich leer - mit den ersten Meldungen von 20, 30 gesichteten Nazis nicht mehr. Etwa zehn Mal so viele Studenten zogen dann mit lauter Musik und Seifenblasen die Hauptstraße hinunter bis zum Südbahnhof, wo wir auf die im Zentrum gestartete Demo trafen und in Richtung der angemeldeten Nazi-Route abknickten. Die Musik war gut, die Moderatorin extrem entspannt und so war der Fußmarsch zum Kundgebungsort sehr entspannt.

Mit mehr lauter Musik positionierte unser Wagen sich dann am seeehr frühen Abend am Kundgebungsort, wo sich nach einer Weile die Anzeichen verdichteten, dass nichts Großartiges mehr passieren würde. Wir standen hinter den Gittern, die die Nazi-Route sichern sollten, aber an anderer Stelle hatte sich bereits eine Sitzblockade gebildet, so dass mit dem Eintreffen der rechten Demonstranten nicht mehr zu rechnen war. Also schlossen wir uns bei nächster Gelegenheit dem Aufruf an, die Sitzblockade zu unterstützen.

Nun hat so eine Sitzblockade zunächst einmal sehr viel mit Sitzen zu tun und dann auch mit Warten. Vielleicht 200 Menschen, ein Großteil von der DGB1-Jugend, verstopften dort eine Kreuzung, bewacht von ausgesprochen friedlicher Polizei. (Radio Chemnitz spricht von 700 Personen, bezieht dabei aber die anderen Demonstranten entlang der Naziroute mit ein.) Die gab uns dann nach und nach zu verstehen, dass wir kein Recht auf die Blockade haben, sondern im Gegenteil die Nazis als angemeldete Demo ein Recht darauf haben, den Weg zu passieren. Passend dazu gab's natürlich entsprechende Kommentare von den Sprechern der DGB-Jugend - Verhalten im Fall einer Räumung und natürlich die Aufforderung, nicht einfach abzuhauen.

Als dann durchsickerte, dass es vielleicht doch 200 und nicht 20 Nazis sind und die Hundertschaft der Polizei in schwarzen Schutzanzügen und Helmen anrückte und auf und ab patroullierte, kam auch langsam die Frage auf, ob wir wohl tatsächlich von uniformierten Beamten von der Straße entfernt werden würden, und ob es wohl Eskalationen mit den Nazis geben würde. Da es in den letzten Jahren aber Schlägereien und Überfälle gegeben hatte, war schnell klar, dass letzteres auf jeden Fall vermieden und die NPD-Demonstration auch nicht über dunkle Seitengassen umgeleitet werden würde. Also saßen wir weiter auf Zeitungen, Decken und aufeinander, warteten und brüllten Parolen, bis die Anwohner aus dem Fenster guckten.

Und wie wir so warteten, rätselten, warum die Polizisten wohl Kreuze auf der Uniform tragen, und wilde Schätzungen über Anzahl der Polizisten und der Nazis und den Einsatz von Schlagstöcken und rechter Gewalt anstellten, passierte - nichts. Bis es irgendwann hieß, dass die Nazi-Demo umgekehrt sei - auch auf deren Seite bestand wohl kein Bedarf an Eskalationen, so dass die rechte Szene schlicht und ergreifend umgekehrt und nach Hause gefahren war. Unsere Sitzblockade war inzwischen vollständig eingekesselt, aber bevor die ersten Leute ernsthaft schlechte Laune bekamen, durften wir geordnet in Richtung Hauptstraße abreisen.

So unspektakulär wie die Aktion damit im Vergleich mit ausartenden Demonstrationen in anderen Städten verlaufen war, so erfolgreich kann sie bewertet werden. Ich fühle mich jedenfalls an eine Demo im Westen erinnert, bei der es regnete und die zwei Dutzend Nazis sich unter einer Bushaltestelle unterstellten, während hunderte Gegendemonstranten unterwegs waren. Und während es dort zu scharfer Kritik am Vorgehen der Polizei kam, kann man hier nur Respekt zeigen für die ruhige Sachlichkeit der Beamten. Deren bewusste Neutralität war zwar zuweilen seltsam oder nervig, aber als Hüter der Ordnung und Sicherheit haben sie heute einen guten Job geleistet.

Damit ist 2014 das zweite Jahr, in dem die Gegendemos den Aufmarsch der Neonazis in Chemnitz massiv behindert haben. Ein schönes Zeichen für eine Stadt im Umbruch, die nicht nur auf Häuserruinen, sondern auch auf braune Politik keine Lust mehr hat.

  1. Deutscher Gewerkschaftsbund