Der Samstag beginnt für mich damit, dass ich verschlafe. Am Abend In der Nacht zuvor hatte ich noch am Blog gesessen und dann ist es doch spät geworden, so fällt der Gottesdienst Samstag Morgen aus. Irgendwie wird dann alles etwas spät und etwas gemächlicher, so dass ich gegen Mittag beschließe den Tag in der Überseestadt zu verbringen. Dort war ich schließlich bisher nur sehr wenig.
Die Busse sind alle hoffnungslos überfüllt, beim Warten treffe ich eine Pfadfinderin, die zu ihrer Schicht im Zentrum Jugend in der Überseestadt muss. Wir quatschen ein bisschen, während der Bus sich durch die Stadt quält. Der Shuttlebus, der durchfährt, ist eindeutig angenehmer. Am Speicher XI ist Endstation... also raus und "die schwarzen Zelte, aber die, die irgendwie anders sind" suchen. Leider haben wir beide keine Orientierung ("nicht so gut für ne Pfadfinderin"), aber irgendwie sieht es auf der Karte so aus als müssten wir eh in die gleiche Richtung, sie zu ihrer Schicht und ich zur Schwimmbühne zum Ten Sing Deutschland-Konzert. Die ersten Fotos im Samstagsalbum (unten) zeugen davon, dass wir die Pfadfinder vom VCP dann doch gefunden haben
Beim Zentrum Jugend, wo wir nun sind, ist ne Menge los, aber mich zieht's zum Konzert. Die Begeisterung von Ten Sing ist immer noch da, und eine aus ganz Deutschland zusammengestellte Gruppe klingt vielversprechend. Also auf zur Schwimmbühne.
Beim Ten Sing Deutschland-Konzert ist gut was los. Die Treppe ist recht gut gefüllt mit neugierigen Zuschauern, vorne wo ich mich rumtreibe sind die meisten allerdings selbst Ten Singer. Schade eigentlich. Die sind natürlich total hin und weg, ich bin's allerdings auch. Ein sehr vielfältiges Programm bieten die Ten Singer, angefangen mit quasi klassischer Chormusik (immer allerdings mit Front- bzw. Vorsänger) über Cover von bekannten Stücken mit Massentanz (Rihanna - Don't stop the music, Plain White T's - 1,2,3,4, Wir sind Helden - Aurélie) bis zu kurzen Theaterstücken. Zwischendrin gibt's ab und zu Kommentare zu dem was passiert und eine Einlage, in der sketchartig (ich nenn' es mal so, schwer zu beschreiben) von jeweils einem Ten Sing-Mitglied vorgestellt wird was man bei Ten Sing alles machen kann: Singen, Instrumente spielen, Tanzen, Theater spielen, Technik machen (Licht und Sound bei Konzerten). Spaß haben halt. Schade, dass ich schon quasi zu alt bin...
Nach dem Ten Sing-Konzert geht's wieder ans andere Ende der Überseestadt. Ein Rockgottesdienst klingt vielversprechend und irgendwie ist mir ja doch danach, wo ich den am Morgen schon verpasst habe. Aber leider heißt es mal wieder: Halle überfüllt. Draußen anhören mag ich dann auch nicht. Naja, Zeit nutzen ist auch mal gut, der Tag geht schon langsam dem Ende zu und immerhin ist es der letzte. Also nochmal zu den PiRatten und die zweite Karte abgeben (am Freitag hatte ich nur eine Adresse mit) und noch ein bisschen quatschen, erklären lassen wo das Internetcafé ist und auf den Weg dorthin machen.
Das Internetcafé ist in einem Turm ganz oben, auf dem Weg dorthin komme ich bei einer kleinen Ausstellung eines Oberstufenkurses vorbei. Einige Schüler haben sich mit der scheinbaren Differenz zwischen der Evolutionstheorie und der Schöpfungsgeschichte beschäftigt. Ergebnis, ganz grob gefasst: Man kann das eine nicht mit dem anderen beweisen - wozu auch? Der Glaube ist, und die Wissenschaft ist auch. Hunderprozentig belegt ist es beides nicht. Außerdem wird hier über die Kinderarmut in Deutschland aufgeklärt, eine wichtige Sache, denn gerade im eigenen Land denkt man nicht oft daran, dass es nicht jedem so gut geht. Die definierte Armutsgrenze Deutschlands ist sicher nichts gegen die bitterarmen Verhältnisse auf anderen Kontinenten - aber wenn beispielsweise in Bremen jedes sechste Kind unter die Armutsgrenze fällt, ist das auch kein würdiger Zustand.
Im Turm oben angekommen staune ich erstmal, wie gut das mobile Internetcafé "Cybercafé 42" ausgestattet ist. Am Eingang wirbt ein Schild mit der kostenlosen Abgabe von Röhrenmonitoren - um die Ecke stehen sie auch alle, noch kräftig im Einsatz. Etwa 15 PCs sind hier aufgebaut und stehen zum Surfen zur Verfügung, am Ende des Raumes sind leere Tische mit Steckdosenleisten vorhanden für die Leute mit eigenem Notebook . Das WLAN ist kostenlos und der Internetzugang schnell. Eine gute Gelegenheit, Kontakt nach hause herzustellen. Die Fotos zeigen im Wesentlichen die vor den WLAN-Tischen aufgebauten Tanzmatten - eine coole Erfindung, die ich mit nach hause genommen und dort selbst umgesetzt habe. Ergänzende Infos dazu bei Wikipedia und über die Software auf deren Seite, danke nochmal an den Mitarbeiter der mich informiert hat, dass es dieses System nicht nur für Spielekonsolen gibt, sondern auch für den PC.
Stunden später ist es Abend geworden und als Finale der Woche steht noch ein letztes Konzert an. Auf halbem Weg zur Schwimmbühne befindet sich noch eine weitere feste Bühne, dorthin führt mein Weg jetzt. Das Programm verspricht Folkrock und Party, ich habe keine Ahnung was mich erwartet. Das erste was mich hinter den Taxen angrinst sind Stühle (Stühle auf einem Rockkonzert?!). Naja, der Soundcheck ist noch im Gange, erstmal hinsetzen und abwarten, ein bisschen mit den Leuten quatschen, sich Bio-Erdbeeren vom nahegelegenen Biomarkt schenken lassen und über die Sänger lachen "also, ich hätte ja auf meinem Monitor die Akustikgitarre gerne noch ein ganz kleines bisschen lauter. Und der Gesang von ihm da ist etwas laut, also, eigentlich... kann man den ganz wegmachen? Ich mag das nicht hören."
Eileen Q heißen die Jungs, die uns einheizen wollen. Und nach der Klarstellung direkt am Anfang, dass man hier Stimmung haben will, gibt's die auch. "Was ist das? *hoch halt*" - "EIN STUHL!" - "Brauchen wir sowas?" - "NEIN!" - "Na also, dann kommt mal nach vorne!" Und "die, die unbedingt sitzen bleiben wollen" dürfen dann wenigstens kräftig mitklatschen. Funktioniert auch irgendwie alles gut - 1500 Leute sind da, man kann sich die Atmosphäre etwa so vorstellen wie bei einem Konzert mit 10000 in den vordersten 1500. Also quasi nur der Menschenteil mit Partylaune, der Rest ist einfach weg gefallen. Und im Gegensatz zu Die Happy ist hier durchaus ein gemischtes Publikum, nicht nur Jugendliche, auch deren Elterngeneration ist vertreten. Gegen Ende sitzt nicht nur kaum noch jemand, es steht auch kaum jemand mehr, alles schubst oder polonaist irgendwie durch die Gegend und hat einfach Spass. Die Band wird so gefeiert, dass das zum Merchandise-Stand umfunktionierte Dolmetscherzelt überrannt wird (alle drei Alben für 20€ - alle meine!) und es fünf Zugaben gibt. Rekord diese Woche!
Als dann wirklich die allerletzte Zugabe gespielt wurde, stehen Taxen und Shuttlebusse bereit die Menschen abzutransportieren. Jemand verliert sein Handy, selbiges wird um 2cm von einem Busrad verfehlt und aufgesammelt. Ich freue mich immer über ehrliche Menschen - die Jungs, die das Handy aufgesammelt haben, sind nicht mal mit dem ersten Bus mitgefahren, weil sich dort niemand gemeldet hat, dem es gehören könnte. Ich bin allerdings ganz froh über meinen Sitzplatz, nach 2,5 bis 3 Stunden Party ist man doch k.o. Und im Bus geht's ja noch weiter, denn der Busfahrer sieht das alles etwas lockerer als die Metronom und so geht's dann Laudato Si, Bruder Jakob und "Ein Hoch auf unser'n Busfahrer Klaus" gröhlend singend zur Messe zurück, wo wie gewohnt alles zum Bahnhof geleitet wird. Ein wunderbarer Abschluss, in dem der wunderbare Sonnenbrand total untergeht
[picasaView album="Kirchentag 2009 - Samstag"]