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Blood Red Shoes Instore-Akustikset und Konzert in Hamburg

Nachdem Blood Red Shoes durch Westeuropa und das vereinigte Königreich tourten (wie berichtet), waren sie nun auch wieder in Deutschland zu Besuch. Münster, Frankfurt, Hamburg, München und Köln standen auf dem Plan, wobei die Hamburger gleich doppelt genießen durften: Wer vor dem Konzert nochmal einen Blick auf Facebook, Twitter oder die Bandwebsite geworfen hatte, erfuhr dort von einem spontanen Akustikset im Saturn-Markt an der Mönckebergstraße.

Die sonst größtenteils lauten Songs statt mit harten Verzerrern und prägnanten Drums mal nur mit Akustikgitarren zu erleben, konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen, so hetzte ich in die Innenstadt in den vierten Stock zur dort in der CD-Abteilung aufgebauten Bühne - wo der Soundcheck gerade erst angefangen hatte. Erst eine Dreiviertelstunde verspätet fing das Set an - bis dahin gab es die typische Ladenatmosphäre: "Ein Mitarbeiter der Waschmaschinenabteilung bitte zur 671".

Wer während der Wartezeit nicht nervös wurde und schon zur Reeperbahn vor fuhr, wurde mit fünf Songs in einer ganz ungewöhnlichen Fassung belohnt. Slip Into Blue, In Time To Voices, Say Something Say Anything, Lost Kids und Two Dead Minutes gaben die beiden zum Besten. Nervöser als sonst seien sie, meinte Steven, so ganz ohne laut brüllende Verstärker. Auf jeden Fall schafften sie es, den sonst zwar vergleichsweise ruhigen, aber doch nicht lauten Songs eine ganz andere Aussage zu verpassen. Die etwa hundert Zuschauer schienen danach jedenfalls alle Lust auf das große Konzert zu haben, ließen sich alles signieren, was grad greifbar war und wechselten noch ganz entspannt ein paar Worte mit Laura-Mary und Steven, bevor es rüber zu den Docks ging.

Dort war ich dann erstmal froh, nicht wie viele andere mein Ticket signiert haben zu lassen, denn in den Docks werden zuhause ausgedruckte Tickets eingezogen und gegen Abendkassentickets getauscht. Das Docks bietet Platz für 1000 Leute, gut 800 Tickets wurden verkauft, damit ist es die größte Location, die Blood Red Shoes in Deutschland spielen. Die Aufteilung in eine große freie Fläche und einen schmaleren, durch höheren Boden und Geländer abgeteilten Randbereich sollte sich später noch als nützlich erweisen.

Bevor die 800 Zuschauer aber überhaupt da waren, spielten mit leichter Verspätung erstmal Wallace Vanborn, eine Hardrock-/Metalband aus Belgien. Bei Vorbands ist ja fast nie richtig was los, aber im Vergleich kamen die drei Jungs schon gut an und heizten die Stimmung kräftig auf. Acht Lieder gab es zu hören.

Trotz guter Vorband waren natürlich trotzdem Blood Red Shoes das Highlight des Abends. Während der Umbaupause fanden sich die restlichen Zuschauer ein und bei mir stieg die Spannung, ob es wohl die gleiche Setlist werden würde wie in Brighton. Und dann wurde es wieder dunkel - sehr dunkel, denn die Lichttechnik geizte ziemlich mit Scheinwerfern - Laura und Steven kamen auf die Bühne und hauten direkt mal "It's getting boring by the sea" raus und "Don't Ask" raus. Zwei Lieder gespielt und die Party tobte. Eigentlich tobte sie schon nach dem ersten und es gab auch gar nicht viel Moderation, bevor "Heartsink" folgte.

Die Setlist dieses Konzertes war einfach perfekt. Es ging weiter mit "In Time To Voices", dem Titelsong des aktuellen Albums, gefolgt von "When We Wake" vom Vorgänger "Fire Like This". Und genau so ging es weiter. Ein lauter Song folgte auf den nächsten und wenn man gerade anfing die blauen Flecke vom Moshen zu zählen, gab es wieder eine vergleichsweise ruhige Nummer. Das Publikum zeigte sich dabei tanzbereit ("Cold"), mitbrüllfreudig ("Light It Up") und moshpitfähig ("I Wish I Was Someone Better"). Der oben angesprochene Rand war dabei nahezu der einzige Bereich, in den man sich flüchten konnte - riesige Moshpits und Circle Pits bezogen quasi jeden mit ein. Generell herrschte eine sehr partyfreudige, aber auch sehr rücksichtsvolle Atmosphäre. Wer durch Bewegungen Raum zum Tanzen forderte, den ließen die anderen gewähren, wer auf bestem Weg war, die Kontrolle zu verlieren, achtete dabei trotzdem noch darauf, niemanden ernsthaft in Mitleidenschaft zu ziehen.

Kurz vor dem Ende des Hauptblocks kam dann auch der Moment, an dem man sich einfach total fallen lassen kann, an dem die Band vollkommen in der Musik aufgeht und man einfach das perfekte Konzert spürt. Applaus, Schlachtrufe und Getrampel nach dem letzten Song "I Wish I Was Someone Better" waren schier endlos und natürlich wollten danach alle drei Zugaben (oder lieber mehr), als Steven die Wahl zwischen zwei oder drei stellte. Und, passend zur Setlist, waren natürlich auch die Zugaben genial gewählt: "It Is Happening Again" um die Stimmung zu halten, das sieben Minuten lange "Colours Fade" um sie ins Psychotische zu treiben und zum Schluss das kurze, aber aggressive "Je Me Perds" um vollkommen auszurasten.

Die Setlist war bis auf eine Ausnahme mit der in Brighton identisch: Das gewidmete Lied war diesmal "Down Here In The Dark", gewidmet denen, die zum ersten Mal dabei sind. Die Stimmung im Publikum war allerdings anders. Während die Brightoner vor allem textsicher waren und das auch gezeigt haben, wurde in Hamburg bewegungsreicher gefeiert. Es gab kaum ein Lied, bei dem nicht gepogt, gemosht oder zumindest geheadbangt wurde. So war es ein sehr aktiver Genuss - für die Fans und ganz offensichtlich auch für die Band, die auch schwierige Übergänge und Riffs problemlos meisterte, so dass selbst Laura-Mary etwas mehr aus sich herauskam als sonst.



Die Happy - das 1002. Konzert

Als ich meinem Chef erzählte, dass ich früher Feierabend machen möchte, um auf ein Die Happy-Konzert zu gehen, lachte er mich aus. Nicht, weil er mir nicht eher frei geben würde, sondern weil es doch gar keine Die Happy-Fans gebe. Ausverkauft war das Dortmunder FZW am Donnerstag tatsächlich nicht - aber doch mit einigen hundert Leuten gefüllt, also kein Grund zu behaupten, Die Happy hätte keine Fans.

Für die Vorband Parka waren die Zuschauer jedenfalls nicht da. Ist ja an sich eine gute Idee, Bands aus der Region zu unterstützen, aber ein bisschen mehr als vier Akkorde und zwei Drumpatterns sollten sie dann doch draufhaben. Als sie ihr aktuelles Album "Raus" ankündigten, brüllte aus dem Publikum jemand "RAUS!" - unklar, ob aus Begeisterung für das Album oder als Aufforderung. Die Einzigen, die überzeugten, waren die hauseigenen Techniker, die für einen klaren und doch nicht ohrenbetäubenden Sound und eine passende und doch abwechslungsreiche Lichtshow sorgten.

Aber was soll's, nach einer halben Stunde schlechtem Rock und der Umbaupause standen dann immerhin alle vorne und waren gespannt, was Die Happy präsentieren würden. Das aktuelle Album "Red Box" ist schon nicht mehr neu, vor kurzem spielte die Band ihr tausendstes Konzert in ihrer Heimatstadt Ulm - guter Anlass für einen Rückblick?

Und ja, in der Tat gab es viele Lieder von früheren Alben, zum Beispiel "Big Boy", "Love To Hate You" oder "Like A Flower". Marta ließ bei der Gelegenheit mal ihre Meinung über Interviews raus - nach 19-jährigem Bandbestehen werden ihr immer noch Fragen nach der Gründung und dem Bandnamen gestellt und welches Lied ihr vom aktuellen Album denn am Besten gefallen würde. Dabei gebe es doch nur Lieder, die man in der aktuellen Stimmung besonders mag - eine Aussage, die auf viel Unterstützung stieß.

Derlei Geschichten gab es mehrere, und überhaupt überzeugten Die Happy vor allem durch sich selbst und nicht durch showbegleitendes Brimborium. Die schon erwähnte Technik leistete auch hier einen guten Job, die Band gut darzustellen, aber nicht zu übertönen, und so konnte man ganz nach Laune mehr oder weniger mitfeiern. Gelegenheiten gab es genug, das Konzert startete direkt mit einem Kracher, die Stimmung war von Anfang an ausgelassen und das Publikum äußerst springfreudig.

Nach drei Zugaben - darunter auch Supersonic Speed als krönender Abschluss - und somit etwa zwei Stunden klang das Konzert langsam aus. Am Ende von Supersonic Speed endeten der Bassist und der Schlagzeuger nicht gleichzeitig, so dass Marta den Witz vom Drummer und dem Bassisten erzählen wollte (beide springen vom Dach, um endlich einmal gleichzeitig zu enden, und landen dann nacheinander), aber die Band mischte sich dazwischen um zu beweisen dass sie es doch drauf haben. Im Endeffekt gab's für das Publikum noch eine weitere frei improvisierte Zugabe, wodurch sich die Stimmung wieder aufheizte und Band wie Zuschauer noch etwas länger feierten, bis das Timing mit Martas Hilfe schließlich klappte. :D

So erwiesen sich Die Happy wieder einmal als großartige Liveband und Publikumsfreund. Ein gutes Konzert mit einem angenehmen Ende und glücklichen Konzertbesuchern - da mussten sich Gossip am nächsten Abend schon anstrengen, um eine ebensolche Stimmung ins FZW zu bringen.



Blood Red Shoes zuhause in Brighton

Der Anlass meiner Brighton-Reise war ja, dass Blood Red Shoes hier her kommen und ich mal einen Auftritt in ihrer Heimatstadt sehen wollte. So ging es also gestern Abend ins direkt am Meer gelegene Concorde 2. Um 7 war Einlass, da ich mein Ticket noch abholen musste und außerdem möglichst weit vorne sein wollte, war ich schon um halb da. Aber, Überraschung: Quasi niemand stand draußen und auch bei Einlass um 7 waren erst ein paar Dutzend Leute da. Bis dahin hörten wir Cast of Cheers proben, die laut dem ausgehängten Zeitplan um halb 8 spielen sollten. Wir, das sind eine handvoll Briten und ein Franzose, der gerade noch auf irgendeinem Weg ein Ticket für das ausverkaufte Konzert aufgetrieben hat. Es ist nicht sein erster Besuch in Brighton, aber nachdem ihn die beiden Konzerte in Frankreich begeistert hatten, musste er unbedingt wieder herkommen.

Der Einlass ist pünktlich, The Cast of Cheers sind es nicht ganz - vermutlich haben sie noch gewartet, denn irgendwie ist immer noch kaum jemand da. Das hindert die vier Iren aber nicht daran, 45 Minuten lang besten Math Rock zu präsentieren und dabei offensichtlich sehr viel Spaß zu haben. Der Schlagzeuger zerlegt sein Set bei den lauten Stücken fast und der Gitarrist/Keyboarder, der als einziger immerhin 2m² Platz hat auf der kleinen Bühne, springt und tanzt wie wild. Der Sound ist gewohnt hart und es wird viel mit per Fußpedal eingespielten Sounds gearbeitet. Ich habe keine Ahnung, wieso ausgerechnet Cast of Cheers als UK-Support ausgewählt wurden, aber dem Applaus nach zu urteilen kommen sie gut an und ich freue mich, eine weitere gute Band mal live sehen zu können. Und einige Songs wie "Animals", "Family" oder "Goose" kannte ich ja sogar schon.

Nach dem Konzert drehe ich mich um - und falle fast in den Fotograben: Plötzlich sind da hunderte Menschen! Die Concorde 2 fasst 600 Zuschauer und die sind inzwischen offensichtlich fast alle angerückt. Der Franzose und ich quatschen noch ein bisschen mit einem Brightoner Studenten und dann ist die Umbaupause auch schon rum und Blood Red Shoes kommen unter tosendem Applaus auf die Bühne.

Und offensichtlich sind sie in Höchstform. Direkt als Opener kriegen wir "It's Getting Boring By The Sea" und genau mit dem Druck und der Menge Rock geht es auch weiter. Eineinhalb Stunden Brightoner Rock vom Feinsten - und zwar, trotz neuem Album, vor allem alte Songs. Vom neuen sind "In Time To Voices" dabei und "Cold", ansonsten unter anderen "Heartsink", "Don't Ask", "Light it Up" und "It Is Happening Again" vom zweiten Album und neben dem schon genannten Opener noch "Say Something, Say Anything" vom ersten sowie als letzter Song vor den Zugaben "I Wish I Was Someone Better". Dazwischen eingestreut wenige kurze Moderationen; bevor sie einen Song aus der Zeit vor dem ersten Album spielen, betont Laura nochmal, dass es immernoch das Größte für sie ist, vor einem begeisterten Publikum zu spielen.

Und in der Tat ist das Publikum begeistert, springt und tanzt, bildet gelegentlich einen kleinen Moshpit und ist vor allem auch überdurchschnittlich textsicher. Nach "I Wish I Was Someone Better" ist es unglaublich heiß in der Halle und wir sind alle ziemlich glücklich. Nach einer kurzen Pause folgen dann noch drei Zugaben; darunter das sich ewig steigernde "Colours Fade" und als letzter Song für den finalen Moshpit und das totale Ausrasten "Je Me Perds" vom neuen Album.

Am Ende bin ich völlig erschöpft, ausgetrocknet und glücklich und kann sagen: Blood Red Shoes in Brighton sind eine Reise wert. Es geht etwas weniger hart zu als in Deutschland oder auch beispielsweise vor zwei Jahren in London, aber es macht definitiv nicht weniger Spaß. Außerdem bekamen wir als Publikum einen grandiosen Mix aus rockenden Songs zu hören und Laura und Steven sind wieder einmal total in ihrem Element aufgegangen. Während The Cast of Cheers (so weit es ging) über die Bühne sprangen, sind die beiden einfach an ihren Instrumenten total präsent, Laura mit den Haaren im Gesicht, Steven in ständig fließenden und beinahe fliegenden Bewegungen an den Drums. Ich freue mich schon auf Hamburg.



Auf in die Konzertsaison!

Der Frühling ist immer für Überraschungen gut. Schon im letzten Jahr kamen die Konzerte/ankündigungen gehäuft am Jahresanfang, nachdem ich mich auf eine Flaute eingestellt hatte. Auch dieses Jahr knallte es: Letztens in der Matrix war ein Dreifachkonzert angesagt, was dann leider krankheitsbedingt auf zwei Bands reduziert wurde - trotzdem reichlich blaue Flecken und Spaß, ich berichtete ja bereits über Itchy Poopzkid und Zebrahead.

Auletta fielen ebenfalls krankheitsbedingt (also, von Seiten der Band) leider aus und werden nachgeholt. Die Happy liegen auch schon hier, ebenfalls Blood Red Shoes für Hamburg (die sehe ich ja sogar vorher schon in Brighton) und im Sommer kommen dann außer meinem eigenen Auftritt und jeder Menge TEN SING-Shows auch die Festivals - dieses Jahr die beiden ganz großen, Rock am Ring und Hurricane.

Und während der Artikel noch im Dashboard lag, habe ich spontan beschlossen, auch noch zum Deichbrand zu fahren. Da wollte ich auch immer schonmal hin und das Line-Up kann bei meinem Geschmack total mit den anderen mithalten: Beatsteaks, Subways, Grossstadtgeflüster, The Sounds, Supershirt, Deichkind, Irie Révoltes, Monsters of Liedermaching, Fritz Kalkbrenner und etliche Bands, die auch nicht schlecht, wenn auch nicht mein Fall sind - das stellt bandmäßig sogar RaR in den Schatten, denn da sind es nach wie vor die Größe des Festivals und die großen Bands, die mich ziehen, dafür sind eben auch viele dabei, die ich so gar nicht mag. Wenn ich mir das so angucke und bedenke, dass die Anreise dank NRW-Ticket auch noch billig ist und Fritz Kalkbrenner und Supershirt Clubnights spielen... Ticket gekauft.

Viele Tickets auf einem Schreibtisch



Poopzkid, Motherfucker! Mit Zebrahead!

Das Plakat mit den Kindern in idyllischer Nachbarschaft und den Sternchen in den Namen der Bands lässt nicht gerade auf harte Musik schließen, aber wenn ich mit den Kindern eines gemeinsam habe, dann die Tatsache, dass ich da unbedingt hinrennen musste, denn für Mittwoch waren in der Matrix 5 Bugs, Itchy Poopzkid und Zebrahead angekündigt - eine verdammt explosive Kombination.

Krankheitsbedingt sind 5 Bugs leider ausgefallen, aber Itchy Poopzkid verkündeten gleich zu Beginn, dass sie ja dann etwas mehr Zeit hätten. So kannte ich das noch von Bochum Total - die Band ist einfach von der ersten Minute an der Publikumsliebling. Das hat sich auch während der folgenden knapp 1,5 Stunden nicht geändert. Reihenweise coole Songs in einer unheimlich entspannten Partyatmosphäre, in der man einfach die Seele baumeln lassen und genießen konnte.

Zu Hits wie "Why Still Bother" und "Down Down Down" wurde gepogt, was das Zeug hält. In der zu drei Vierteln gefüllten Matrix Bochum hatte jeder seinen Spaß - es gab härtere und softere Moshpits, es gab die auf der Stelle hüpfende Fraktion, die Tanzenden und die, die einfach am Rand stehen und genießen. Menschen surften auf der Crowd, Sibbi spielte auf seinem von der Crowd getragenen Gitarrenkoffer und in der Menge war eine Menge Bewegung - wobei man sich blind darauf verlassen konnte, wieder aufgehoben zu werden, wenn man mal auf dem vom Schweiß rutschigen Boden ausrutschte. Die Band ließ ihren Roady auf Zeit Mikros wechseln und wechselte selbst ständig zwischen den Instrumenten.

Nach kurzer Erholungs- und Umbaupause ging es dann bei Zebrahead eine Nummer härter zu. Während der ersten beiden Songs bin ich teilweise zwei Meter weit geflogen, wenn ich im Sprung einen Treffer kassierte. Aber auch hier wieder: Ein wildes, aber friedliches Chaos im Publikum. Wie auch schon bei Itchy Poopzkid vorher gab es Sitzpogo und Circle Pits und später sogar die Wall Of Death. Besonders bemerkenswert, dass die beiden Rollstuhlfahrer in der ersten Reihe dabei ebenfalls ihren Spaß hatten und vor der wild feiernden Menge geschützt wurden - dafür hatten Itchy Poopzkid ganz am Anfang hingewiesen und dafür gesorgt, dass die beiden aus der Gefahrenzone rauskommen.

Während des Zebrahead-Konzertes gab es auf der Bühne frische Drinks direkt von der auf der Bühne aufgebauten Tiki-Bar - leider nur für die Band und zwei ausgewählte Zuschauer, von denen einer dann wagemutig über den Fotograben sprang und erfolgreich stagedivte. Respekt an dieser Stelle auch vor der Security, die die ganze Veranstaltung über äußerst entspannt Leute annahm, wenn sie beim Surfen vorne ankamen, und ansonsten recht wenig zu tun hatte.

Zebrahead verpassten der Matrix gut eine Stunde lang nicht nur ein musikalisch etwas härteres, sondern auch ein textlich deutlich direkteres Programm. "Shisha Party" oder "Nudist Priest" sprechen ein eindeutige Sprache und das T-Shirt des Gitarristen sagt: "Ich bin eine Sexmaschine". Später im Programm darf das Publikum laut "Muschi" gröhlen - keine Herausforderung für die nach wie vor kräftig feiernden Fans und Neu-Fans. Vor sechs Jahren waren die fünf Amerikaner schonmal in Bochum - und spielten vor gefühlt zwanzig Zuschauern. Inzwischen stehen sie als Headliner auf großen Festivalbühnen, zeigten sich aber trotzdem ehrlich begeistert davon, wieder in Bochum spielen zu können und auch hier nun vor vielen Fans zu stehen.

Nach vier Zugaben hatte ich zwar mehr Körperteile mit blauen Flecken als ohne, war dafür aber auch restlos glücklich. Auch die Bands waren überaus angetan von der laut mitsingenden und -pfeifenden Zuschauermenge und kürten Bochum zum besten Konzert der Tour - womit Bochum eindeutig einen besonderen Status der Tour einnimmt, denn das Konzert am Mittwoch war das letzte gemeinsame Konzert der Tour und auch das erste war schon dort. Zu Recht, eine so ausgelassene und trotzdem stimmungsmäßig heiße Atmosphäre ist selten. Das Ganze für 16 Euro - falls es ein perfektes Konzert gibt, war es das.



Konzertheld rockt den Fotograben

Das Konzert von den Sounds, von dem ich gestern berichtete, war nicht nur besonders gut, sondern auch in anderer Hinsicht interessant - es war mein erstes, bei dem ich als offiziell akkreditierter Fotograf im Fotograben war. Die vorgegebene Regelung für The Sounds war, bei den ersten drei Songs zu fotografieren und danach die Kamera wegzubringen. Vor Ort war aber alles etwas anders...

Das fing schon damit an, dass ich die ganze Zeit dachte, mit "Fotopass" sei "Lichtbildausweis" gemeint. Hielt also immer schön meinen Perso bereit, um mich auszuweisen. Das hat aber niemanden interessiert, da hätte jeder hingehen und sich für mich ausgeben können... abgesehen davon war das Reinkommen über die Gästeliste aber kein Problem, nebenbei gab's noch die Info, dass für die Vorbands keine besondere Regelung besteht was das Fotografieren angeht und dann rein.

Drinnen haben wir dann erstmal unseren Krempel zur Garderobe gebracht und irgendwann gemerkt, dass unten plötzlich nicht mehr einfach Musik lief, sondern zwei auf der Bühne standen. Es dauerte bis fast zum Schluss, bis wir merkten, wer - der einzige Name auf der Bühne war "Kids At The Bar" auf einem Laptopdeckel, aber die beiden Typen, die gerade spielten, waren The Limousines - Kids At The Bar war der DJ, der anschließend in der Umbaupause auflegte. Wäre ja nicht schlecht, wenn man als Band zwischendurch mal darauf hinweisen würde, wer man eigentlich ist... jedenfalls hat es da noch niemanden interessiert, dass ich fröhlich aus dem Publikum fotografierte, und so entstanden einige der besseren Fotos schon bei der Vorband The Limousines.

Danach bin ich dann nach vorne, wo mir der Security-Mensch am Fotograben erstmal das Prinzip mit dem Fotopass erklärte... in der Dunkelheit hatte ich den für eines der üblichen Merchandise-Giveaways gehalten und in die Jacke gesteckt, die ich dann direkt mal holen ging. Ab da lief's entspannt, außer mir war niemand im Fotograben, dafür einige im Publikum, und der Security-Typ meinte auch noch, es sei kein Problem wenn ich danach weiter fotografieren würde. Da war mir dann aber doch mehr nach selber feiern.

Insgesamt eine sehr merkwürdige Sache... und alles viel einfacher und entspannter als ich erwartet hatte. Waren eben doch The Sounds im Skaters Palace und nicht Rock am Ring... bleibt als offene Frage, ob ich das bei Konzerten, die ich mir sonst sowieso ansehen würde, nochmal machen würde, denn die ersten drei Songs quasi zu verpassen war schon ziemlich ärgerlich. Einerseits ist es natürlich cool, die feiernde Menge mal komplett hinter sich zu haben und von vorne fotografieren zu können und zudem ganz nah an der Band zu sein, andererseits ist es eben nur das und jede Stimmung fällt zwangsweise weg, weil gleichzeitige fotografieren und pogen nunmal nicht geht. Mal schauen wie das weitergeht.



The Limousines & The Sounds rocken Münster

Als ich im Januar die Deutschland-Tour der schwedischen Band The Sounds ankündigte, sprach ich davon, dass die Clubs, in denen sie bisher auftraten, nicht selten ausverkauft waren. Dieses Mal waren größere Hallen angesagt - neben dem Skaters Palace in Münster, der um die 1000 Leute fasst, war auch die 2500 Zuschauer fassende Live Music Hall in Köln, in der Moby vor gar nicht so langer Zeit mal auftrat, dabei.

Aber von vorne. Während wir noch an der Garderobe standen, heizte Kids At The Bar den bisher anwesenden Zuschauern bereits ein und räumte dann auch recht bald das Feld für The Limousines, die The Sounds auf deren USA-Tour begleitet hatten und kurzerhand mit nach Europa gebracht wurden. Für einige alteingesessene Fans eine merkwürdige Wahl, bauen The Limousines doch nahezu ausschließlich auf Sampler, Synthis und Drum Machines. Angesichts des aktuellen Albums der Sounds aber verständlich, denn auch deren Garage-Rock-Sound hat einen klaren Schlag Richtung elektronischer Musik bekommen.

The Limousines stießen mit Songs wie "Internet Killed The Video Star", "Very Busy People" oder "Future" also durchaus auf sehr gemischte Reaktionen. Aber gerade der vordere Fanblock war informiert und tanzte ausgelassen zu mitreißenden Beats und entspannten Synthi-Klängen. Für einige Besucher war es nicht das erste Konzert der Tour, einige waren bereits das fünfte Mal dabei. Und der Band sah man an, dass sie es nicht bereute, aus den USA hierher gekommen zu sein - ich war immer wieder beeindruckt, mit wieviel Begeisterung Giovanni an seinem Tapeziertisch voller Elektronik Pads, Knöpfe und Regler bediente.

Nach einer kurzen Umbaupause mit Kids At The Bar war dann nicht nur die Halle merklich voller, sondern auch die Stimmung besser geworden. Trotz der größeren Location war der Fananteil unter den Zuschauern hoch wie immer. Im Dunkeln und zu den sphärischen Sounds von "It's So Easy" kamen die offensichtlich gut gelaunten Sounds auf die Bühne und stießen auf tosende Begeisterung. "Dance With The Devil" wurde direkt hinterher geheizt und dann folgte ein Konzert voller tanzbarer, rockender Songs, bunt gemischt aus allen vier Alben.

Seien es Moshpits bei treibenden Songs wie "Seven Days A Week", lautes Mitsingen bei "Queen of Apology" oder wildes Mithüpfen und -Gröhlen bei "Living in America", irgendwas war immer los. Sogar gelegentliches Crowdsurfen war dabei, nur gelegentlich gestört von einigen Kandidaten, denen das Bier zu gut schmeckte. Die Band quälte Saiten und Tasten hart und die Sängerin Maja sprang über die Bühne, als gäbe es kein Morgen. Nach einigen Songs wilder Party räumten Felix, Johan und Frederik dann das Feld, um Platz zu machen für die Balladen-Version von "Night After Night", bei der Maja nur von Jesper am Flügel begleitet wurde. Mit "Painted By Numbers" ging der bunte Mix weiter, über "No One Sleeps When I'm Awake" vom dritten Album bis ganz zurück zu "Rock'n'Roll" von der ersten Scheibe.

Wie üblich ließen sich die fünf dann nach dem letzten Song erstmal lange bitten, kamen dann aber doch nochmal raus und legten mit ihrer Live-Rock-Version von "Tony The Beat" und "Hope You're Happy Now" endgültig alles in Einzelteile. Der aus dem Off eingespielte Instrumentaltrack "Goodnight Freddy" diente dann als Rausschmeißer bzw. für etliche erstmal zum Merchandise-Stand - nach einem dermaßen guten Auftritt sind sicher nicht wenige der "Neuen" zu Fans geworden und auch ich werde sicherlich bei nächster Gelegenheit wieder dabei sein!



Amsterdam

Es ist der 25. Dezember und man sollte meinen es weihnachtet sehr, aber die Feiern sind für mich bereits abgeschlossen und es schneit nicht nur nicht, es ist auch noch herbstlich grau draußen. Eine wunderbare Gelegenheit sich drinnen zu verkriechen und Dinge zu erledigen, die eigentlich Spaß machen, aber auch Zeit kosten.

Reiseberichte zum Beispiel. Anfang April war ich für drei Tage in Amsterdam. Das ist hier vom Ruhrgebiet aus in zwei Stunden zu erreichen und wenn man zeitig bucht, kostet die Zugfahrt nur 19€. Lykke Li trat im Paradiso auf, wo ich immer mal hin wollte, und so hängte ich wie schon letztes Jahr in London noch einen Tag vorne und hinten dran. Der Plan war also: Mit minimalem Budget entspannte drei Tage abseits meines Alltags verbringen, ein tolles Konzert sehen und eine vielversprechende Stadt besuchen.

Das Hostel StayOkay Stadsdoelen (danke an's Hurra-Blog für den Tipp) war dabei eine große Hilfe. Es liegt auf halbem Weg zwischen Bahnhof und Paradiso, so dass ich die beiden Orte schonmal zu Fuß erreichen konnte. Da das Paradiso außerdem in der Nähe des ebenfalls recht bekannten Melkwegs und damit mitten in der Stadt liegt, hieß das, dass ich eine Menge sehen konnte ohne ein Verkehrsmittel zu benutzen.

Sightseeing stand ohnehin nicht auf dem Plan und für die effektiven zweieinhalb Tage hat es auch vollkommen gereicht, einfach die Straßen und Grachten entlang zu laufen und die Stadt, die Menschen und die Häuser anzusehen (und zu fotografieren). Eine Hochschule ist ebenfalls in der Innenstadt gelegen und so hat sich dort auch die Künstlerszene breit gemacht. Außerdem gab es natürlich, wie erwartet, hunderte Geschäfte zu bestaunen - ich habe wohl noch nie eine so umfangreiche Shoppingmeile gesehen. Mal ganz davon abgesehen, dass es in Amsterdam mehr "Diamond Factory"s als Fast Food-Filialen gibt...

Die Entscheidung, sich zu Fuß durch die Stadt zu bewegen, war definitiv eine gute. Von der Anreise mit dem Auto wurde mir ganz abgeraten - ich wüsste auch nicht, wo ich da hätte parken sollen. Straßenbahnen fuhren zwar oft und sogar meist abgetrennt vom normalen Verkehr, aber dennoch nicht schnell und außerdem war es schlichtweg unnötig. Und auch das hier selbst im Vergleich zu Münster viel genutzte Fahrrad hätte mich nicht glücklich gemacht - Fahrradparkplätze1 gab es zwar reichlich, die waren aber genauso voll wie die für Autos. :D

Aber wie gesagt, Sightseeing war nicht angesagt und damit entfiel auch das von-A-nach-B-Gehetze. Im Madame Tussaud's war ich also nicht, dafür konnte ich auf dem Platz davor an einem Straßenkonzert teilnehmen. Sehr sympathisch: Es scheint dort völlig normal zu sein, sich einfach auf den Boden zu setzen und zuzuhören. Bei uns wird man dafür leider merkwürdig angeguckt und bleibt damit meist alleine. In Amsterdam war ordentlich was los. Ebenso auf dem Weg zum Paradiso, wo vorm Burger King gerade ein Gitarrenlehrer seine Künste zum Besten gab und Bob Marley-Songs coverte. Für mich das perfekte Urlaubsfeeling - in der schon warmen Frühlingssonne sitzen, umgeben vom Trubel der Stadt, und Livemusik lauschen. hahahah

Auf großen Plätzen war überhaupt immer was los. Musiker, Künstler, Schauspieler, einmal ist eine ganze Kapoeira-Gruppe aufgetreten und hat sich dort viele Fans gemacht. Und wenn ich von dem Trubel mal genug hatte (oder vom ständigen Verlaufen in den vielen Straßen), konnte ich mich ins Hostel zurück ziehen und dort in Ruhe lesen.

Das Hostel war übrigens recht angenehm und dank nicht-Saisonpreis definitiv angemessen. Das Personal war ausgesprochen freundlich, es gab Schließfächer und Internet (welches ich allerdings nicht benutzt habe), die Betten waren beqeuem, sauber und groß genug, Duschen waren ausreichend vorhanden und in einem vernünftigen Zustand und das Frühstück war sparsam, aber anständig - wurde allerdings trotz der moderaten Zeiten nur von wenigen Besuchern genutzt.

Über das Konzert habe ich ja bereits früher berichtet. Die Location war übrigens genauso wundervoll wie ich mir das vorgestellt hatte und die Mitgliedschaft, die man dort braucht, hat auch keine Probleme verursacht, die gibt es in einer unkomplizierten Ein-Tages-Variante. Also nur unwesentlich verwirrender als unser merkwürdiges Raucherclubsystem. Fotografieren durfte ich dort allerdings leider nicht.

So ist aus diesem Kurztrip letztlich genau das geworden, was ich mir vorgestellt hatte: Eine entspannte Reise in eine wundervolle Stadt, vollkommen frei und stressfrei spontan gestaltet mit einem richtig guten Konzert als Höhepunkt. Sicher nicht mein letzter Besuch dort.

  1. Kein Witz, ich meine damit keine Ansammlung von fünf Fahrradständern, sondern richtige größere Flächen für Fahrräder. Es gab auch massig eigene baulich getrennte Fahrradstraßen!