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Früher in Dortmund

Im Januar habe ich in einer Reihe nächtlicher Textergüsse ein paar Facetten von Chemnitz gezeigt. Das wollte ich eigentlich schon mit Dortmund machen, aber dann fraß der Umzug meine Zeit auf.

Ich schleppe Umzugskartons aus dem Zug. Eine Gruppe junger Frauen mit Mundschutz schleppt schwere Koffer die Treppe rauf. Der Nordausgang des Bahnhofs hatte vielleicht früher mal Türen, aber zumindest zu meiner Zeit waren es immer nur rostige Rahmen, die die Bahnhofsbesucher nach draußen entlassen, wo sich Taxen, Linien- und Fernbusse und gehetzte Dortmunder gegenseitig aus dem Weg gehen.

Es ist spät am Abend, jemand flüchtet regelrecht in die Dunkelheit, bloß schnell nach Hause. Früher gab es auf dem Platz vor dem Kino mal Internetterminals, die wurden in den letzten Tagen aber alle demontiert oder geklaut. Nun sind die Rahmen genauso leer wie die Rahmen am Bahnhofsausgang. So leer wie die Haußtstraße, auf der zwar immer jemand unterwegs ist, die man aber um diese Zeit bedenkenlos überqueren kann.

An der Linienstraße ist auch noch jemand unterwegs gewesen. Leider hat er zuviel getrunken und findet nun seine Klamotten nicht mehr... oder die Typen bei mir in der Straße, die "was zu rauchen" anbieten, haben ihn nicht nur bis auf die Unterwäsche abgezogen. Zu dumm, dass er den "für Personen unter 18 Jahren" verbotenen Bereich verlassen hat.

In der Nordstadt kann man günstig wohnen, man wohnt zentral und hat alle nur erdenklichen Einkaufsmöglichkeiten und Verkehrsmittel quasi direkt vor der Haustür. Geht man nachts aus dem Haus, muss man aber gute Nerven und eine schützende Portion Ignoranz mitnehmen.

Tür aufschließen, Treppe rauf, an der leerstehenden Wohnung mit der eingeschlagenen Scheibe vorbei. Der MP3-Player spielt Little Boots "Every Night I Say A Prayer".



Dunkel wie die Nacht

Da steht man mit dem Handy in der Hand im Wohnzimmer und bekommt gleich Besuch und plötzlich ist außer dem Handy alles aus. Bei den Nachbarn poltert es, in den Fenster tauchen langsam Kerzen und Taschenlampen auf. Die Erwachsenen fluchen, die Kinder freuen sich. Stromausfall in der gesamten Straße bis runter zur Querstraße. Das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen.

Wegen Stromausfalls unbeleuchtete Straße

20 Minuten später hatte ich gerade noch an der Haustür mit der Taschenlampe geleuchtet, um das Schlüsselloch zu finden, als ich die Wohnung aufmachte und alles wieder lief als wäre nie was gewesen. Nur der Gefrierschrank beschwerte sich über die leicht gesunkene Temperatur.



Chemnitz III

Fix zu Hellweg.
Den Berg raufquälen.
Die Strecke ist doch länger als erwartet.
Der Baumarkt ist menschenverlassen, aber ich bekomme was ich brauche.
Den Berg runter rasen.
Eine alte Frau guckt mir entgegen.
Ihr Hund findet die Bushaltestelle interessanter.
Plötzlich läuft die alte Frau auf den Radweg. VORSICHT!
Panisch werden, weil keine Ausweichmöglichkeit da ist (der Hund! die Leine! der Bordstein! die Autos!), soweit wie es geht nach links ziehen und bremsen, die alte Frau geht wieder ein paar Schritte zurück, die neuen Bremsbeläge tun ihre Wirkung, der Berg ist zu Ende, rechts abbiegen, zuhause.

Raus aus der Stadt.
Über die kaputte Straße, dann über die Brücke.
Ein aufgeschreckter Fuchs flüchtet vor dem Scheinwerferlicht.
Der massigen Krone eines vom Sturm entwurzelten Baumes ausweichen.
Die für diesen Fall eingerichtete Radwegumleitung merken, falls man sie mal braucht.
Am Fluss entlang, am Kraftwerk vorbei, eine Straße kreuzen, ein weites Feld.
Durch die Schranke, dem Sicherheitsdienst freundlich zuwinken.
Mit dem Rad vorbei an den LKW, vorbei am Zoll.
Nacht am Stadtrand.



Chemnitz II

Ich geb's zu: Die ersten Wochen in Chemnitz habe ich die Augen bewusst offen gehalten, um DDR-Klischee-Bestätigungen und Unterschiede zum Westen zu finden. Spoiler: Man muss sich schon sehr Mühe geben, um was zu finden.

Der "Edeka Aktiv-Markt" um die Ecke ist ein getarnter Rewe. Der Besitzer räumt schon die Wursttheke leer, bittet mich aber herein, als ich zögere; ich komme mir trotzdem so vor, als wäre ich unerwünscht. Tatsächlich stimmen die Ladenöffnungszeiten nicht mit denen aus dem Internet überein. Für die Einkaufswagen braucht man keine Münze. Die Gestalten draußen lassen den Laden auch eher wie einen getarnten Drogenumschlagpunkt wirken. Der Verkäufer fragt immer wieder mal etwas nervös, ob ich alles finde, was ich brauche.

Bei Lidl ist die Kasse unbesetzt. Nach einem Moment kommt jemand und kassiert. Als ich das kurz anspreche, werde ich auf die zahlreichen Kameras hingewiesen.

Kameras vermuten manche alteingesessene Bewohner der Stadt auch in und an den mit Brettern vernagelten Gebäuden. Manche beschweren sich über gestiegene Mietpreise, beruhigen sich aber wieder, wenn sie sich daran erinnern, dass es früher dafür auch kein fließend Warmwasser gab. Meine Nachbarn beschweren sich auch über zu hohe Nebenkosten, lassen aber den Schlüssel in der Wohnungstür von außen stecken.



Chemnitz I

Bei meinem ersten Besuch in Chemnitz war ich auf Wohnungssuche und habe vor allem Makler getroffen, die auf viele verschiedene Weisen nervtötend waren. Zum Glück sind die Makler aber nicht repräsentativ für die Stadt.

Gablenz, Mittwochabend. Unterwegs auf der Suche nach einem Imbiss. Nach ein paar Kilometern entdecke ich eine offenstehende Tür einer Pizzeria. Ich gucke hinein, anscheinend ist schon geschlossen, aber der Besitzer winkt mich herein. Ich bestelle, er macht fix nochmal Pizzateig. Man kann nicht mit Karte zahlen, ich hole Bargeld. Der Chef ist immer noch hinten, sein Kollege hängt wortlos vorne bei mir rum. Irgendwann kommt ein unangenehm wirkender Typ herein, der aber Stammgast zu sein scheint. Der Chef weiß, was er will, holt ein Bier und macht nochmal Teig. Meine Pizza ist ohne Peperoni, kostet aber mehr als wenn welche drauf gewesen wären.

In Herne haben freie Imbissbuden auch manchmal ihre Preise je nach Kunde und Tageszeit gewürfelt. Manchmal verschwand der Besitzer ein paar Tage später spurlos.



Klassischer Jahresrückblick

Dieses Jahr ohne kreative Idee, einfach, weil es auch mal schön ist, einfach zu schauen, was passiert ist. Vor allem, wenn es so viel ist wie dieses Jahr. Jedes Jahr hat besondere und einmalige Erlebnisse, 2013 war vor allem auch von entscheidender Bedeutung für die Zukunft.

Das Projekt TEN SING RheinRuhr kam bereits 2012 ins Rollen. 2013 ging es dann richtig los - im Januar fuhr ich vom Ruhrgebiet nach Hamburg, um am offiziellen gemeinsamen Kirchentags-Vorbereitungstreffen für Mitwirkende teilzunehmen. Eine spannende Erfahrung, wenngleich die Teilnahme nicht obligatorisch war. Nebenbei lernte ich TEN SING Hamburg-Bramfeld kennen, eine kleine, aber sehr liebe Gruppe.

Im Februar ging es dann erneut nach Norden, meine seit längerem geplante Radtour in Ostfriesland nachholen. Ich erfror einmal fast, traf dafür aber viele wundervolle Menschen, die ich teilweise vorher noch nie getroffen hatte - darunter auch meine ersten Couchsurfing-Bekanntschaften. So grausam wie der Wind auf dem flachen Land, so herzlich und hilfsbereit empfingen mich die Menschen dort.

Nebenbei arbeitete ich immer wieder als Stagehand und baute Technik bei kleinen und großen Konzerten auf. Einige Aufträge machten wirklich Spaß, viele waren echt nervig. Die Krönung war We Will Rock You, die schlechter organisiert waren als mein eigener Umzug. Ich kündigte und begann im April, als Webprogrammierer für rent-a-guide zu arbeiten, was mich nebenbei in die Selbstständigkeit führte.

Kurz darauf führten wir unser äußerst erfolgreiches Probenwochenende von TEN SING RheinRuhr durch und fuhren nochmal zwei Wochen später mit 70 Leuten zum Kirchentag nach Hamburg. Ich bin immer noch stolz auf und glücklich über das, was wir dort vollbracht haben. Es waren nicht nur großartige Auftritte, für die wir sehr gefeiert wurden, sondern vor allem auch die Aktion an sich, die TEN SINGer aus verschiedensten Gruppen zusammen brachte.

Im Sommersemester belegte ich einen Gebärdensprachkurs und lernte die Grundzüge einer spannenden und absolut ernst zu nehmenden Sprache kennen. Parallel startete die Festivalsaison. Nach den großen Festivals im Vorjahr besuchte ich diesmal vor allem kleinere Events. Es sei auf die nahezu vollständige Liste meiner besuchten Konzerte verwiesen, die gegen Jahresende die 300er-Marke überschritt. Die Berichte dieses Jahres findet ihr bei den Festivalhoppern. Auf dem AStA-Fest in Paderborn lernte ich eher zufällig Claire kennen, nun eine meiner absoluten Lieblingsbands und die Entdeckung des Jahres überhaupt.

Außerdem ging es im Sommer erneut nach Ostfriesland. Diesmal war es angenehm, ich traf erneut viele liebe Menschen und diesmal auch etliche TEN SINGer. Eine Aktion, die nächstes Jahr sicher wiederholt wird. Und noch weiter auf Reisen ging es nach Amsterdam, um nach vielen Jahren des Wartens endlich Yeah Yeah Yeahs live zu erleben. Unfassbar gut!

Auch auf die andere Seite von Deutschlands ging es, nämlich nach Prag. Als ich zum YMCA-Festival fuhr, ahnte ich noch nicht, dass ich bald öfter im Osten sein würde. Auch dort lernte ich wieder viele neue Menschen kennen, diesmal aus ganz Europa und sogar den USA. Ich arbeitete als Volunteer in einem großartigen Team und lernte ein bisschen Dänisch. Die zwischenmenschlichen Erlebnisse, die ein Sturm verursacht, der die Evakuation des Geländes erfordert, während man selbst versucht, eines der Zelte zu retten, sind unbeschreiblich. Ich werde mich wohl immer wieder daran erinnern, wie wir immer wieder aus dem Zelt schauten, um Schutzlose vor dem Regen zu retten, während wir es davor schützten, vom Wind zerfetzt zu werden - und hinterher festzustellen, dass ganz in der Nähe ein Blitz einen Baum umstürzen ließ.

Nur einen Monat später war ich erneut im Osten, um mich in Chemnitz nach Wohnungen umzusehen. Ich hatte mich für ein erneutes Studium entschieden: Sensorik und kognitive Psychologie. Die Wohnungssuche war wenig erfolgreich und überhaupt war die ganze Reise Verschwendung. Die Makler waren nervtötend und / oder unverschämt, die Vermieter dreist und überheblich. In einem Ort wie Chemnitz, wo günstige Wohnungen nahezu im Überfluss vorhanden sind, hätte ich nicht mit so absurden Forderungen gerechnet. Auch musste ich erleben, dass man als Selbstständiger keinerlei finanzielles Vertrauen genießt.

Letztlich half ein Tipp von zukünftigen Komilitonen, an einen vernünftigen Vermieter zu geraten, und unglaublich kurzfristig ungesehen eine Wohnung zu mieten. Mithilfe einer Profi-Tetris-Software und tatkräftiger Unterstützung von Freunden, Familie, Bekannten und Mitstudenten gelang es in einer total irrwitzigen Aktion, meine gesamte Wohnung in einen viel zu kleinen LKW zu stopfen und heil nach Chemnitz zu transportieren, wo ich mich inzwischen gut eingelebt habe.

Im November ging es dann das erste Mal wieder zurück in den Westen. Mehrere Konzerte, Familie und Freunde besuchen. Ich ergatterte einen Platz in der ersten Reihe bei Claire und lehnte ein Angebot, für 20€ den Platz mit jemandem hinter mir zu tauschen, ab. Während ich mit Mitfahrgelegenheiten sehr schlechte Erfahrungen machen musste, erwiesen sich die in diesem Jahr massiv gewachsenen Fernbusangebote als äußerst angenehme Reisemöglichkeit. So ging es auch im Dezember zu Weihnachten mit dem Bus wieder nach Gelsenkirchen, wo ich nun in dem Haus, aus dem ich vor dreieinhalb Jahren auszog, diesen Text schreibe.

In meinem Alter mag jedes Jahr wichtig erscheinen. In diesem habe ich auf jeden Fall besonders viele Freundschaften geknüpft und wichtige Entscheidungen für meine Zukunft getroffen. Ich betrachte Entscheidungen nicht mehr nur unter der Frage nach richtig oder falsch, sondern vor allem unter dem Einfluss auf mein Leben, den sie haben werden. Dieses Studium wird mir eine Menge bringen, egal, ob ich es mit Bachelor, Master oder gar nicht abschließe und unabhängig davon, welchen Beruf ich danach ausübe. Mein Lebenslauf hat dieses Jahr ein paar mehr Knicke bekommen, aber es ist nicht wichtig, welche Form er hat, sondern nur, was drinsteht, und welche Menschen daran beteiligt waren. Vor allem, welche Menschen blieben, als der nächste Knick kam. Und diesen Menschen möchte ich danken, dass sie an diesem erlebnisreichen Jahr beteiligt waren, egal in welcher Form und egal wie nahe sie mir stehen. Ihr seid mir alle wichtig. Danke!



Vegetarismus-Zwischenstand

DIe Zeit vergeht so schnell, inzwischen wird es lächerlich, die Monate zu zählen, die ich Vegetarier bin. Das hat etwas gezwungenes und passt eher zu Dingen, die Durchhaltevermögen fordern. Ich entziehe aber nicht Koks oder Zigaretten, sondern bloß Fleisch. Die harte Phase des Entzugs ist längst vorbei.

Auch die Anzahl der Erklärungen, die ich pro Monat abgeben muss, sinkt, weil inzwischen die meisten meiner Freunde, Bekannten und Verwandten Bescheid wissen und zumindest keine blöden Kommentare mehr abgeben. Toleranz ist da, aber auch noch Unverständnis für die Hintergründe. Ich habe zum Beispiel letztens nach einer Grillparty zwei übrig gebliebene Bratwürste gegessen. Als Vegetarier "dürfte" ich das eindeutig nicht - aber die Alternative wäre Wegwerfen gewesen, und was wäre es denn für eine schwachsinnige Selbstauflage, die dazu führt, Lebensmittel zu verschwenden? Aus dem gleichen Grund habe ich auch mal nach einem Festival am Abbautag eine Konservendose geöffnet, die unsere Nachbarn da gelassen hatten, obwohl das Gericht fleischhaltig war. Die Wurststücke schwammen obendrauf und ich habe sie dann entsorgt, aber besser als die ganze Dose dem Müll zu überlassen war das allemal.

Ich bin Vegetarier, weil ich glaube, dass ich damit die (westliche) Welt ein Stück besser machen kann, vor allem, indem ich andere dazu bringe, ebenfalls ihr Essverhalten zu überdenken. Und genau dieses Überdenken ist es, was wir alle tun sollten. Nicht jeder muss dazu komplett Vegetarier werden. Nur das Bewusstsein für alternative Ernährungsmethoden sollte wachsen.

Die häufigste Reaktion ist immer noch "das könnte ich nicht". Das ist die Einstellung, die ich meine. Kleine Kinder mögen keinen Spinat. Wer als Erwachsener immer noch so denkt, ist in seiner Ernährungsweise festgefahren und sollte sich mal vor Augen führen, welche Konsequenzen das hat. Es ist wie in vielen Bereichen unseres Lebens die Bequemlichkeit, die dafür sorgt, dass sich nichts ändert. Deshalb gibt es immer noch Tierhaltung, bei der die Tiere sich nicht bewegen können und mit Medikamenten vollgepumpt werden müssen, damit sie nicht ständig krank sind. Deshalb gibt es immer noch Schlachtereien, in denen Menschen unter schlechten Bedingungen für einen Hungerlohn arbeiten. Weil viele von uns zu intolerant, festgefahren oder einfach zu faul sind, über ihr Verhalten nachzudenken.

Viele, aber nicht alle. 8 Millionen Deutsche sind inzwischen Vegetarier. Das immer noch eine Minderheit, aber es führt dazu, dass ein großes Regal bei Kaufland in der Kühlabteilung gefüllt ist mit Produkten für Vegetarier. Manche davon sind teuer, andere wirken eklig, aber viele sind eine Bereicherung für den Speiseplan. Jetzt im Sommer gibt es dazu ein riesiges Angebot an Obst und Gemüse. Und gerade im Sommer, wo wir wegen der Wärme alle ungern kochen, haben die, die auch mal auf Fleisch verzichten können, einen großen Vorteil: Gemüse kann man wunderbar auch roh verzehren.

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Verschiedene Anmerkungen:

  1. Auf der Berufsschule hat mich mal ein Lehrer gefragt, was denn Vegetarismus sei. Er kannte den Begriff schlicht nicht.
  2. Außer den Bratwürstchen habe ich noch ein weiteres Mal gesündigt - bei einer Nachtschicht, es gab Pizza und ich griff im Dunkeln ein Stück und übersah den Thunfisch. Drama, Drama.
  3. Tofu kann man auch roh essen, da verstehe ich dann aber tatsächlich, dass Leute es eklig finden... wobei Tofu als Salatbeilage super ist und auf verschiedene Arten ausgesprochen lecker zubereitet werden kann.


Einmal auf die andere Seite

Aller Wahrscheinlichkeit nach ziehe ich im Oktober nach Chemnitz, um dort Sensorik und kognitive Psychologie zu studieren. Es wird der dritte Umzug sein, der nicht von meinen Eltern organisiert wird - nachdem ich zwei Jahre in Herne wohnte, hat es mich nun auch nur ein Jahr in Dortmund gehalten. Nicht, weil es hier so schlimm ist, sondern einfach, weil sich meine Lebensumstände immer wieder ändern. Im Gegenteil, ich mag das Ruhrgebiet sehr und ich werde es sicher manchmal vermissen.

Umziehen macht mir aber eigentlich sogar Spaß. Natürlich nicht das Schleppen der Möbel, aber das Erkunden einer neuen Stadt, die Wohnungssuche, das Ausmisten, Packen, Auspacken, Ideen spinnen wie die neue Wohnung gestaltet werden könnte. Wohnungsanzeigen sind dabei wie Stellenanzeigen - über die Formulierungen kann man sich großartig amüsieren und gemeint ist eh nie das, was da steht.

Ich erinnere mich noch an eine Wohnung in Herne. "Schöne, zentral gelegene Altbauwohnung in ruhiger Wohnstraße" - der Klassiker. Gemeint ist natürlich "Hellhörige, nicht gedämmte Wohnung direkt an den Bahnschienen des Hauptbahnhofs in einer Straße mit hohem Leerstand". Oder der Bahnangestellte, der mir den Garten seiner Wohnung in Dortmund als "idyllisch" anpries, während hinter ihm die S-Bahn vorbei ratterte. Auch "2 Grundmieten geschenkt wenn der Mietvertragsbeginn bis 30.12.2012 ist" im Juli 2013 spricht nicht gerade für die Wohnung.

Den dortigen Studenten zufolge gibt es in Chemnitz aber wirklich gute Wohnungen zu extrem niedrigen Mieten. Also kann ich mir in Ruhe Gedanken über weitere Kriterien machen. Hier in Dortmund habe ich zum Beispiel festgestellt, dass es nicht so schlimm ist, wenn der nächste Supermarkt 1,5km entfernt ist - Fahrrad sei Dank. Sehr wohl ist es aber nervig, wenn man den Einkauf dann in den dritten Stock schleppen muss. Ganz zu schweigen von der Waschmaschine, die wir zu dritt hochtragen mussten...

Überhaupt sind Entfernungen nicht mehr so schlimm, seit ich öfter Fahrrad fahre. Dafür werde ich diesmal aber darauf achten, dass das Haus kein Altbau ist - noch mehr Jahre in einem hellhörigen Haus voller schreiender Kinder und plärrender Fernseher ertrage ich nicht. Auch das sollte aber funktionieren, noch stehen viele Wohnungen leer. Ich bin gespannt, wie gut es funktioniert, ein paar Tage nach Chemnitz zu fahren und in kürzester Zeit viele Wohnungen anzusehen und dann eine auszusuchen.

Bleibt die Frage nach dem Transport. Nach stundenlanger Suche habe ich inzwischen immerhin ein brauchbares Angebot für einen LKW, aber ein Fahrer fehlt. Falls also einer von euch einen Führerschein der Klasse C1 (7,5 Tonnen) hat und mit mir nach Chemnitz fahren würde - bitte melden.