Die Happy - das 1002. Konzert

Als ich meinem Chef erzählte, dass ich früher Feierabend machen möchte, um auf ein Die Happy-Konzert zu gehen, lachte er mich aus. Nicht, weil er mir nicht eher frei geben würde, sondern weil es doch gar keine Die Happy-Fans gebe. Ausverkauft war das Dortmunder FZW am Donnerstag tatsächlich nicht - aber doch mit einigen hundert Leuten gefüllt, also kein Grund zu behaupten, Die Happy hätte keine Fans.

Für die Vorband Parka waren die Zuschauer jedenfalls nicht da. Ist ja an sich eine gute Idee, Bands aus der Region zu unterstützen, aber ein bisschen mehr als vier Akkorde und zwei Drumpatterns sollten sie dann doch draufhaben. Als sie ihr aktuelles Album "Raus" ankündigten, brüllte aus dem Publikum jemand "RAUS!" - unklar, ob aus Begeisterung für das Album oder als Aufforderung. Die Einzigen, die überzeugten, waren die hauseigenen Techniker, die für einen klaren und doch nicht ohrenbetäubenden Sound und eine passende und doch abwechslungsreiche Lichtshow sorgten.

Aber was soll's, nach einer halben Stunde schlechtem Rock und der Umbaupause standen dann immerhin alle vorne und waren gespannt, was Die Happy präsentieren würden. Das aktuelle Album "Red Box" ist schon nicht mehr neu, vor kurzem spielte die Band ihr tausendstes Konzert in ihrer Heimatstadt Ulm - guter Anlass für einen Rückblick?

Und ja, in der Tat gab es viele Lieder von früheren Alben, zum Beispiel "Big Boy", "Love To Hate You" oder "Like A Flower". Marta ließ bei der Gelegenheit mal ihre Meinung über Interviews raus - nach 19-jährigem Bandbestehen werden ihr immer noch Fragen nach der Gründung und dem Bandnamen gestellt und welches Lied ihr vom aktuellen Album denn am Besten gefallen würde. Dabei gebe es doch nur Lieder, die man in der aktuellen Stimmung besonders mag - eine Aussage, die auf viel Unterstützung stieß.

Derlei Geschichten gab es mehrere, und überhaupt überzeugten Die Happy vor allem durch sich selbst und nicht durch showbegleitendes Brimborium. Die schon erwähnte Technik leistete auch hier einen guten Job, die Band gut darzustellen, aber nicht zu übertönen, und so konnte man ganz nach Laune mehr oder weniger mitfeiern. Gelegenheiten gab es genug, das Konzert startete direkt mit einem Kracher, die Stimmung war von Anfang an ausgelassen und das Publikum äußerst springfreudig.

Nach drei Zugaben - darunter auch Supersonic Speed als krönender Abschluss - und somit etwa zwei Stunden klang das Konzert langsam aus. Am Ende von Supersonic Speed endeten der Bassist und der Schlagzeuger nicht gleichzeitig, so dass Marta den Witz vom Drummer und dem Bassisten erzählen wollte (beide springen vom Dach, um endlich einmal gleichzeitig zu enden, und landen dann nacheinander), aber die Band mischte sich dazwischen um zu beweisen dass sie es doch drauf haben. Im Endeffekt gab's für das Publikum noch eine weitere frei improvisierte Zugabe, wodurch sich die Stimmung wieder aufheizte und Band wie Zuschauer noch etwas länger feierten, bis das Timing mit Martas Hilfe schließlich klappte. :D

So erwiesen sich Die Happy wieder einmal als großartige Liveband und Publikumsfreund. Ein gutes Konzert mit einem angenehmen Ende und glücklichen Konzertbesuchern - da mussten sich Gossip am nächsten Abend schon anstrengen, um eine ebensolche Stimmung ins FZW zu bringen.



Blood Red Shoes zuhause in Brighton

Der Anlass meiner Brighton-Reise war ja, dass Blood Red Shoes hier her kommen und ich mal einen Auftritt in ihrer Heimatstadt sehen wollte. So ging es also gestern Abend ins direkt am Meer gelegene Concorde 2. Um 7 war Einlass, da ich mein Ticket noch abholen musste und außerdem möglichst weit vorne sein wollte, war ich schon um halb da. Aber, Überraschung: Quasi niemand stand draußen und auch bei Einlass um 7 waren erst ein paar Dutzend Leute da. Bis dahin hörten wir Cast of Cheers proben, die laut dem ausgehängten Zeitplan um halb 8 spielen sollten. Wir, das sind eine handvoll Briten und ein Franzose, der gerade noch auf irgendeinem Weg ein Ticket für das ausverkaufte Konzert aufgetrieben hat. Es ist nicht sein erster Besuch in Brighton, aber nachdem ihn die beiden Konzerte in Frankreich begeistert hatten, musste er unbedingt wieder herkommen.

Der Einlass ist pünktlich, The Cast of Cheers sind es nicht ganz - vermutlich haben sie noch gewartet, denn irgendwie ist immer noch kaum jemand da. Das hindert die vier Iren aber nicht daran, 45 Minuten lang besten Math Rock zu präsentieren und dabei offensichtlich sehr viel Spaß zu haben. Der Schlagzeuger zerlegt sein Set bei den lauten Stücken fast und der Gitarrist/Keyboarder, der als einziger immerhin 2m² Platz hat auf der kleinen Bühne, springt und tanzt wie wild. Der Sound ist gewohnt hart und es wird viel mit per Fußpedal eingespielten Sounds gearbeitet. Ich habe keine Ahnung, wieso ausgerechnet Cast of Cheers als UK-Support ausgewählt wurden, aber dem Applaus nach zu urteilen kommen sie gut an und ich freue mich, eine weitere gute Band mal live sehen zu können. Und einige Songs wie "Animals", "Family" oder "Goose" kannte ich ja sogar schon.

Nach dem Konzert drehe ich mich um - und falle fast in den Fotograben: Plötzlich sind da hunderte Menschen! Die Concorde 2 fasst 600 Zuschauer und die sind inzwischen offensichtlich fast alle angerückt. Der Franzose und ich quatschen noch ein bisschen mit einem Brightoner Studenten und dann ist die Umbaupause auch schon rum und Blood Red Shoes kommen unter tosendem Applaus auf die Bühne.

Und offensichtlich sind sie in Höchstform. Direkt als Opener kriegen wir "It's Getting Boring By The Sea" und genau mit dem Druck und der Menge Rock geht es auch weiter. Eineinhalb Stunden Brightoner Rock vom Feinsten - und zwar, trotz neuem Album, vor allem alte Songs. Vom neuen sind "In Time To Voices" dabei und "Cold", ansonsten unter anderen "Heartsink", "Don't Ask", "Light it Up" und "It Is Happening Again" vom zweiten Album und neben dem schon genannten Opener noch "Say Something, Say Anything" vom ersten sowie als letzter Song vor den Zugaben "I Wish I Was Someone Better". Dazwischen eingestreut wenige kurze Moderationen; bevor sie einen Song aus der Zeit vor dem ersten Album spielen, betont Laura nochmal, dass es immernoch das Größte für sie ist, vor einem begeisterten Publikum zu spielen.

Und in der Tat ist das Publikum begeistert, springt und tanzt, bildet gelegentlich einen kleinen Moshpit und ist vor allem auch überdurchschnittlich textsicher. Nach "I Wish I Was Someone Better" ist es unglaublich heiß in der Halle und wir sind alle ziemlich glücklich. Nach einer kurzen Pause folgen dann noch drei Zugaben; darunter das sich ewig steigernde "Colours Fade" und als letzter Song für den finalen Moshpit und das totale Ausrasten "Je Me Perds" vom neuen Album.

Am Ende bin ich völlig erschöpft, ausgetrocknet und glücklich und kann sagen: Blood Red Shoes in Brighton sind eine Reise wert. Es geht etwas weniger hart zu als in Deutschland oder auch beispielsweise vor zwei Jahren in London, aber es macht definitiv nicht weniger Spaß. Außerdem bekamen wir als Publikum einen grandiosen Mix aus rockenden Songs zu hören und Laura und Steven sind wieder einmal total in ihrem Element aufgegangen. Während The Cast of Cheers (so weit es ging) über die Bühne sprangen, sind die beiden einfach an ihren Instrumenten total präsent, Laura mit den Haaren im Gesicht, Steven in ständig fließenden und beinahe fliegenden Bewegungen an den Drums. Ich freue mich schon auf Hamburg.



Poopzkid, Motherfucker! Mit Zebrahead!

Das Plakat mit den Kindern in idyllischer Nachbarschaft und den Sternchen in den Namen der Bands lässt nicht gerade auf harte Musik schließen, aber wenn ich mit den Kindern eines gemeinsam habe, dann die Tatsache, dass ich da unbedingt hinrennen musste, denn für Mittwoch waren in der Matrix 5 Bugs, Itchy Poopzkid und Zebrahead angekündigt - eine verdammt explosive Kombination.

Krankheitsbedingt sind 5 Bugs leider ausgefallen, aber Itchy Poopzkid verkündeten gleich zu Beginn, dass sie ja dann etwas mehr Zeit hätten. So kannte ich das noch von Bochum Total - die Band ist einfach von der ersten Minute an der Publikumsliebling. Das hat sich auch während der folgenden knapp 1,5 Stunden nicht geändert. Reihenweise coole Songs in einer unheimlich entspannten Partyatmosphäre, in der man einfach die Seele baumeln lassen und genießen konnte.

Zu Hits wie "Why Still Bother" und "Down Down Down" wurde gepogt, was das Zeug hält. In der zu drei Vierteln gefüllten Matrix Bochum hatte jeder seinen Spaß - es gab härtere und softere Moshpits, es gab die auf der Stelle hüpfende Fraktion, die Tanzenden und die, die einfach am Rand stehen und genießen. Menschen surften auf der Crowd, Sibbi spielte auf seinem von der Crowd getragenen Gitarrenkoffer und in der Menge war eine Menge Bewegung - wobei man sich blind darauf verlassen konnte, wieder aufgehoben zu werden, wenn man mal auf dem vom Schweiß rutschigen Boden ausrutschte. Die Band ließ ihren Roady auf Zeit Mikros wechseln und wechselte selbst ständig zwischen den Instrumenten.

Nach kurzer Erholungs- und Umbaupause ging es dann bei Zebrahead eine Nummer härter zu. Während der ersten beiden Songs bin ich teilweise zwei Meter weit geflogen, wenn ich im Sprung einen Treffer kassierte. Aber auch hier wieder: Ein wildes, aber friedliches Chaos im Publikum. Wie auch schon bei Itchy Poopzkid vorher gab es Sitzpogo und Circle Pits und später sogar die Wall Of Death. Besonders bemerkenswert, dass die beiden Rollstuhlfahrer in der ersten Reihe dabei ebenfalls ihren Spaß hatten und vor der wild feiernden Menge geschützt wurden - dafür hatten Itchy Poopzkid ganz am Anfang hingewiesen und dafür gesorgt, dass die beiden aus der Gefahrenzone rauskommen.

Während des Zebrahead-Konzertes gab es auf der Bühne frische Drinks direkt von der auf der Bühne aufgebauten Tiki-Bar - leider nur für die Band und zwei ausgewählte Zuschauer, von denen einer dann wagemutig über den Fotograben sprang und erfolgreich stagedivte. Respekt an dieser Stelle auch vor der Security, die die ganze Veranstaltung über äußerst entspannt Leute annahm, wenn sie beim Surfen vorne ankamen, und ansonsten recht wenig zu tun hatte.

Zebrahead verpassten der Matrix gut eine Stunde lang nicht nur ein musikalisch etwas härteres, sondern auch ein textlich deutlich direkteres Programm. "Shisha Party" oder "Nudist Priest" sprechen ein eindeutige Sprache und das T-Shirt des Gitarristen sagt: "Ich bin eine Sexmaschine". Später im Programm darf das Publikum laut "Muschi" gröhlen - keine Herausforderung für die nach wie vor kräftig feiernden Fans und Neu-Fans. Vor sechs Jahren waren die fünf Amerikaner schonmal in Bochum - und spielten vor gefühlt zwanzig Zuschauern. Inzwischen stehen sie als Headliner auf großen Festivalbühnen, zeigten sich aber trotzdem ehrlich begeistert davon, wieder in Bochum spielen zu können und auch hier nun vor vielen Fans zu stehen.

Nach vier Zugaben hatte ich zwar mehr Körperteile mit blauen Flecken als ohne, war dafür aber auch restlos glücklich. Auch die Bands waren überaus angetan von der laut mitsingenden und -pfeifenden Zuschauermenge und kürten Bochum zum besten Konzert der Tour - womit Bochum eindeutig einen besonderen Status der Tour einnimmt, denn das Konzert am Mittwoch war das letzte gemeinsame Konzert der Tour und auch das erste war schon dort. Zu Recht, eine so ausgelassene und trotzdem stimmungsmäßig heiße Atmosphäre ist selten. Das Ganze für 16 Euro - falls es ein perfektes Konzert gibt, war es das.



The Limousines & The Sounds rocken Münster

Als ich im Januar die Deutschland-Tour der schwedischen Band The Sounds ankündigte, sprach ich davon, dass die Clubs, in denen sie bisher auftraten, nicht selten ausverkauft waren. Dieses Mal waren größere Hallen angesagt - neben dem Skaters Palace in Münster, der um die 1000 Leute fasst, war auch die 2500 Zuschauer fassende Live Music Hall in Köln, in der Moby vor gar nicht so langer Zeit mal auftrat, dabei.

Aber von vorne. Während wir noch an der Garderobe standen, heizte Kids At The Bar den bisher anwesenden Zuschauern bereits ein und räumte dann auch recht bald das Feld für The Limousines, die The Sounds auf deren USA-Tour begleitet hatten und kurzerhand mit nach Europa gebracht wurden. Für einige alteingesessene Fans eine merkwürdige Wahl, bauen The Limousines doch nahezu ausschließlich auf Sampler, Synthis und Drum Machines. Angesichts des aktuellen Albums der Sounds aber verständlich, denn auch deren Garage-Rock-Sound hat einen klaren Schlag Richtung elektronischer Musik bekommen.

The Limousines stießen mit Songs wie "Internet Killed The Video Star", "Very Busy People" oder "Future" also durchaus auf sehr gemischte Reaktionen. Aber gerade der vordere Fanblock war informiert und tanzte ausgelassen zu mitreißenden Beats und entspannten Synthi-Klängen. Für einige Besucher war es nicht das erste Konzert der Tour, einige waren bereits das fünfte Mal dabei. Und der Band sah man an, dass sie es nicht bereute, aus den USA hierher gekommen zu sein - ich war immer wieder beeindruckt, mit wieviel Begeisterung Giovanni an seinem Tapeziertisch voller Elektronik Pads, Knöpfe und Regler bediente.

Nach einer kurzen Umbaupause mit Kids At The Bar war dann nicht nur die Halle merklich voller, sondern auch die Stimmung besser geworden. Trotz der größeren Location war der Fananteil unter den Zuschauern hoch wie immer. Im Dunkeln und zu den sphärischen Sounds von "It's So Easy" kamen die offensichtlich gut gelaunten Sounds auf die Bühne und stießen auf tosende Begeisterung. "Dance With The Devil" wurde direkt hinterher geheizt und dann folgte ein Konzert voller tanzbarer, rockender Songs, bunt gemischt aus allen vier Alben.

Seien es Moshpits bei treibenden Songs wie "Seven Days A Week", lautes Mitsingen bei "Queen of Apology" oder wildes Mithüpfen und -Gröhlen bei "Living in America", irgendwas war immer los. Sogar gelegentliches Crowdsurfen war dabei, nur gelegentlich gestört von einigen Kandidaten, denen das Bier zu gut schmeckte. Die Band quälte Saiten und Tasten hart und die Sängerin Maja sprang über die Bühne, als gäbe es kein Morgen. Nach einigen Songs wilder Party räumten Felix, Johan und Frederik dann das Feld, um Platz zu machen für die Balladen-Version von "Night After Night", bei der Maja nur von Jesper am Flügel begleitet wurde. Mit "Painted By Numbers" ging der bunte Mix weiter, über "No One Sleeps When I'm Awake" vom dritten Album bis ganz zurück zu "Rock'n'Roll" von der ersten Scheibe.

Wie üblich ließen sich die fünf dann nach dem letzten Song erstmal lange bitten, kamen dann aber doch nochmal raus und legten mit ihrer Live-Rock-Version von "Tony The Beat" und "Hope You're Happy Now" endgültig alles in Einzelteile. Der aus dem Off eingespielte Instrumentaltrack "Goodnight Freddy" diente dann als Rausschmeißer bzw. für etliche erstmal zum Merchandise-Stand - nach einem dermaßen guten Auftritt sind sicher nicht wenige der "Neuen" zu Fans geworden und auch ich werde sicherlich bei nächster Gelegenheit wieder dabei sein!



Dreibandfestival: Electro-Party im Kölner Kulturbunker

Letzten Freitag traf ich die beste Spontanentscheidung des Jahres. Grossstadtgeflüster, eine Berliner Electro/Punkband ("Ich muss gar nix"), waren für Köln angekündigt, ein verschobener Konzerttermin sollte nachgeholt werden. Bei denen war ich schon zweimal, es war beide Male absolut grandios. Mit dabei Deine Jugend ("Mama geht jetzt steil"), ebenfalls eine Electroband, aus Mannheim, die hörten sich auch schonmal echt gut an. Außerdem ist deren Gitarrist früher bei Liquido ("Narcotic") gewesen. Wunsch.WG, eine Poprock-Gruppe aus dem Kölner Raum ("Deine Welt brennt"), kannte ich bis dahin noch nicht. Zwar wollte so kurzfristig niemand mitfahren, aber für fünfzehn Euro zwei gute und eine potenziell gute Band in einer coolen Location konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Das Konzert fand im Kulturbunker in Köln-Mülheim statt, dem Stadtteil, der durch das E-Werk und das Palladium wohl vielen bekannt sein dürfte. Das Gebäude war recht gut zu finden, dort angekommen landete ich dann direkt im Organisationschaos. Die drei Konzerte fanden im Rahmen des Dreibandfestivals statt, welches jetzt nach einigen organisatorischen Schwierigkeiten endlich seine Premiere feiert. Obwohl allerdings laufend viel zu erledigen war, wurde ich an der Kasse freundlich begrüßt und dank vorheriger Anmeldung via Facebook mit auf die Gästeliste gesetzt.

Ab jetzt dauert es nicht mehr lange, bis Wunsch.WG als erste Band den Abend eröffnen. Der Kulturbunker ist bereits etwa halb gefüllt, grob geschätzt 200 Menschen sind da. Viele der Zuschauer, die wie ich hauptsächlich für Grossstadtgeflüster gekommen sind, haben sich schon früher zu den anderen Bands eingefunden. Die Motivation ist dabei allerdings unterschiedlich und Wunsch.WG haben es mit ihrem entspannten Poprock schwer vor zwei Electrobands. Dafür gibt es verschiedene Publikumsinteraktionen, auf einen Zwischenruf hin wird ein Song einer Zuschauerin gewidmet und bei einem anderen Song kommt eine Tänzerin auf die Bühne. Mit der Zeit lassen sich dann doch einige Zuschauer mitreißen und am Ende ist die Stimmung aufgeheizt. Übrigens im Gegensatz zur Halle, wo eine angenehme Temperatur herrscht.

In der Pause ist dann die große Frage, was denn nun mit dem Meet&Greet und dem Backstagezugang ist. Zwar stehen einige Zuschauer auf der Gästeliste, teils durch Verlosungen, teils durch Fanaktionen, aber irgendwie lässt sich niemand auftreiben, der zuständig ist. Also an der Bar noch fix den Kameraakku nachladen, damit der auch ja durchhält, und wieder rein zu Deine Jugend.

Im Saal herrscht jetzt fast Finsternis. Waren Wunsch.WG noch recht hell beleuchtet, wird nun fast ausschließlich mit dunklem blauem und UV-Licht gearbeitet. Die Stimmung ist nicht nur dadurch völlig anders. Harte Beats werden uns um die Ohren geknallt, jede Menge Elektronik und eingespielte Samples. Der Sound ist unglaublich gut. Jede Basstiefe, jede Synthihöhe ist klar hörbar und doch klingeln einem nicht die Ohren. Großes Lob an die Technik an dieser Stelle! Deine Jugend jedenfalls liefern eine großartige Show ab und werden auch entsprechend vom Publikum aufgenommen. Jeder Song ist tanzbar, vor derber Sprache wird nicht zurückgeschreckt und die vorherrschende Meinung ist "Wir haben zwar jetzt einen ruhigen Song gespielt, aber eigentlich wollen wir doch alle feiern". Zum zuhause Reinhören und toll finden: "Mama geht jetzt steil", "Deine Maske" und "Sonnenbrille im Club".

Nach dem Aufwärmen vorher war das Konzert von Deine Jugend eine echte Party. In der Pause sind diesmal deutlich mehr Leute draußen an der Bar und in der ersten Reihe haben sich schon während dem Konzert zwei Fans ausgezogen. Presse und geladene Fans werden dieweil auf nach den Konzerten vertröstet, wenn die Bands sowieso rauskommen um CDs zu signieren. Die Umbaupause dauert diesmal etwas länger, Grossstadtgeflüster haben ihre eigenen Sachen dabei, die Schlagzeuge werden getauscht, Technik umgebaut. Passende Musik im Hintergrund, dann wieder Dunkelheit, vorne sieht man die Band im Robotergang aus der Backstage kommen.

Was jetzt folgt, ist eine explosive Mischung aus alten und neuen Songs, Publikumsinteraktion und Party vor und auf der Bühne. Es gibt viele Konzerte, die richtig Spaß machen, aber dieses hier ist so intensiv, dass es locker noch eine Nummer drauflegt auf das davor. Die Band ist richtig gut drauf und das Publikum noch besser. Unübertrieben jeder Song wird laut mitgesungen, ein Großteil des Publikums tanzt und springt durchgehend. Treibende Beats und schräge Elektrosounds sorgen für unglaublich viel Stimmung. Ich habe mal versucht, die Setlist zusammen zu kriegen, geordnet sind die Tracks aber nicht: Intro / Laut reden nichts sagen, Komm schon, Weil das morgen noch so ist, Lebenslauf, Käthe, Kartoffelsuppe, Ich muss gar nix, Overdressed and underfucked, Haufenweise Scheiße, IchBinHuiDuBistBuhDuBistSchubiIchBinDu, Kümmer dich, Dein Flow, Für dich und als letzte Zugabe Kann ich auch.

Ein fantastisches Konzert. Dabei ist die Band eigentlich schon raus aus der Livephase, es steht nämlich ein neues Album an. Daher werden diesmal auch nicht alle Zuschauerwünsche erfüllt - aber es ist ja nicht so, dass die drei nicht auch so genug gute Songs mitgebracht hätten. Und, ich wiederhole mich, aber ich bin wirklich beeindruckt - das Publikum ist dermaßen begeistert, ich erlebe selten, dass dermaßen konsequent Songs mitgesungen, sich die Seele rausgebrüllt und jede Emotion rausgelassen wird. Mitten im Set spielen Grosssstadtgeflüster "Ich muss gar nix" und auch "Haufenweise Scheiße", die beiden Songs sind dafür ja perfekt. Jeder in der Halle rastet aus und lässt alles raus, was während der Woche genervt hat, von den Teenies bis zu den begleitenden Eltern.

Nach "dem schnellsten Song den wir je geschrieben haben" ist dann endgültig Schluss. Inzwischen ist es 1:20 Uhr und ich mache mich zunächst auf den Rückweg, um noch eine Verbindung zurück ins Ruhrgebiet zu erwischen. Aber schon nach einigen Metern sagt mir mein Gefühl: Du kannst da jetzt nicht weg, immerhin bist du auf der Gästeliste und gleich kommt die Band raus. Also darauf gepokert, dass die S-Bahn durchgehend jede Stunde fährt und zurück. Die Location hat sich bereits deutlich geleert, nur am Merch-Stand warten ein paar Fans auf die Bands. Wunsch.WG und Deine Jugend scheinen allerdings schon weg zu sein, deren Merchandise ist nicht mehr da und alle reden von Grossstadtgeflüster. Von denen gibt es dafür hier das heiß begehrte und extrem rare Debütalbum "Muss laut sein", was ich zum vernünftigen Preis von 12€ auch direkt erwerbe.

Wenig später trudeln dann auch Raphi, Jen und Cris am Stand ein. Von irgendwelchen Backstage-Aktionen weiß niemand was, aber die drei sind auch so für Fotos, Autogramme und Fragen zu haben. So bekomme ich mein brandneues Album direkt signiert und erfahre auch, dass die Band gar nichts davon hält, dass "Muss laut sein" teilweise zu Wucherpreisen im Internet angeboten wird. Deshalb haben sie auch so lange auf ihr damaliges Label eingewirkt, bis trotz der kommerziell schwachen Argumente 1000 Stück nachgepresst wurden.

Apropos Album. Ein möglicher Erscheinungszeitraum für das vierte Werk ist Sommer 2012. Bis dahin wird es wenige bis keine Konzerte mehr geben - das einzige weitere in diesem Jahr wird an Silvester in der Schweiz sein. Solche und andere Fragen beantwortet Raphi mir völlig entspannt und bereitwillig und auch Jen, Cris und die anderen Fans sehen entspannt und glücklich aus. Etwas später löst sich die kleine Gruppe dann auf, um zwei verlasse ich den Kulturbunker und mache mich auf den Weg zum Bahnhof.



Carpark North Matrix Bochum

Eine meiner Entdeckungen von Bochum Total dieses Jahr waren Carpark North, eine dänische Synthrock-Band. Das Konzert bei Bochum Total zeigte, dass die Jungs was drauf haben und es live bringen, aber das Publikum war nicht so begeistert. Also musste ein Konzert mit Fans her - das war vergangenen Sonntag in der Matrix in Bochum-Langendreer.

Vorher gab es in dem verrauchten Club aber noch eine weitere Entdeckung. Rubylux aus England waren als Supportband dabei. Leider mit nur fünf Songs, die waren dafür aber alle abwechslungsreich und haben von Anfang an richtig Laune gemacht. Im Vergleich zu den Dänen ein eher rockiger Sound, was gut ankam, so dass schon während der Vorband die Stimmung im Publikum stieg. Mit dazu beigetragen hat sicher auch, dass die Jungs von Rubylux auf jeden Zwischenruf eingegangen sind und so Aktionen brachten wie "I have too many beers here, who wants one?". Zu kostenlosem Bier sagt niemand nein. ;)

Der Umbau ging dann zügig, zumindest gefühlt, dank guter Stimmung und gutem DJ. Es war nichtmal halb voll in der Matrix, so dass die Luft trotz vieler Raucher erträglich blieb. Außer dem schlechten Sound im hinteren Bereich ist die Matrix leider auch für die mangelhafte Lüftung berüchtigt.

Auch die Technik hatte sich inzwischen eingespielt; während Rubylux noch bei Licht auf die Bühne kamen und etwas irritiert waren, ob sie denn wohl anfangen könnten, wurde es nun stockdunkel bis auf den leuchtenden Synthesizer des Carpark North-Keyboarders. Dann harte synthethische Klänge aus dem Off, die Band kommt auf die Bühne und legt mit "Burn it" direkt richtig los. Spätestens jetzt ist klar: Die Leute, die da sind, sind auch Fans, und gehen genauso ab wie die Band selbst.

Nach dem grandiosen Start gab es dann immer wieder ein paar weniger bekannte Songs, gefolgt von Hits wie "More", "Transparent And Glasslike", "Shutdown" in Kombi mit dem "Another Brick In The Wall"-Remix ("We're definitely not gonna shutdown after that song") oder "Just Human". Immer wieder gab es Gelegenheit zum Ausrasten, was von Band und Publikum auch rege genutzt wurde. Während Lau und Morten durch Mikro/Gitarre und Schlagzeug relativ gefesselt waren, wechselte Søren ständig zwischen den Bässen, dem umgehängten Keyboard und dem Synthesizer. Nicht selten hatte man den Eindruck dass er gleich in sein Instrument hinein gezogen wird - Keyboard fast hinterm Kopf oder Bass auf dem Boden für abgefahrene Spieltechniken mit harten Effekten, alles dabei.

Nach "Just Human" als letztem Song gab es als erste Zugabe noch einen Song, der nicht als Single ausgekoppelt wurde, eine kurze Moderation und dann sorgte eine verzerrte Stimme Everybody run till the break of dawn für Jubel, "Shall We Be Grateful" schloss das Konzert würdig ab. Im Anschluss gab es noch die Gelegenheit, von Rubylux und Carpark North Merchandise zu erwerben und Autogramme zu sammeln. Ich habe dann aber die Gelegenheit genutzt, die S-Bahn zu nehmen und bin nach Hause gefahren.

Für 18 Euro war das definitiv ein ordentliches Konzert. Etwas mehr Zuschauer wären wünschenswert gewesen, andererseits war die Atmosphäre so auch sehr angenehm und man hatte reichlich Platz sich zu bewegen. Spaß gemacht hat es reichlich und sowohl Vor- als auch Hauptband haben bewiesen, dass sie voll hinter ihrer Musik stehen - und das ist mir persönlich am wichtigsten, denn dann kommen die Songs authentisch rüber und man kann sich von der Begeisterung mitreißen lassen.



[Ankündigung] Carpark North / Synthrock aus Dänemark

Nachdem ich Carpark North bei Bochum Total entdeckte, musste ich natürlich zuschlagen, als ich sah, dass sie im November in Bochum sind. Es gibt also bald mehr 80er-Style-Synthrock. hahahah

Kleine Tourankündigung von mir auf venue.de: Carpark North touren weiter durch Europa



KAZ Open Air: Wisecräcker und Supershirt in Herne

Geht es um Events, wird von Köln geredet, von Locations in Dortmund, Bochum und angesagten Clubs in Städten, die weiter weg sind - aber manchmal kommen die guten Bands auch direkt vor die Tür. So wie vor ein paar Wochen, als das "Kulturell-alternative Zentrum" ein kostenloses Open Air veranstalte und als Headliner Wisecräcker und Supershirt gewinnen konnte.

Von beiden hatte ich schonmal kurz gehört, aber mehr als ein, zwei Songs war mir nicht bekannt. Kurz für die, denen es auch so geht: Beide passen in die Punkszene, Wisecräcker sind aber vorwiegend an Ska orientiert und passend mit mehreren Bläsern ausgestattet, während Supershirt rein elektronisch arbeiten. Am Nachmittag traten außerdem lokale Herner Bands auf, die ich aber nicht gesehen habe.

Unwissend, was mich erwartet, fuhr ich also mit dem Bus durch die Gegend und war schon gut drauf, als am Ziel mehr Leute aus dem Bus ausstiegen als bei den Gelsenkirchener Bismarcker Rocktagen überhaupt insgesamt da waren. Am Ende des kleinen Skaterparks stand dann hinter ein paar Fressbuden und dem Merchandisestand auch eine kleine Bühne. Um die hundert Leute dürften schon da gewesen sein, verstreut über die Fläche, auf den Skateranlagen, an den Fressbuden oder im Gras.

Irgendwann kamen Wisecräcker dann auf die Bühne und durften sich erstmal zwei Songs damit beschäftigen, die Leute dazu zu motivieren, nach vorne zu kommen. Das lief am Anfang etwas schleppend, aber mit jedem weiteren Song wurden es mehr Leute und die Stimmung wurde sichtlich besser. Dazu sei gesagt, dass zwar einigermaßen viele Leute da waren, der Platz aber immer noch viel größer war als nötig. Zudem gab es keinerlei Trennung der Bühne vom Publikum, was am Anfang dafür sorgte, dass sich niemand nah ran traute, und hinterher dazu, dass Leute auf den Boxen tanzten. hahahah

Nach den ersten paar Songs war dann allen kräftig warm und es hatte sich vorne eine harte Partyzone gebildet, in der kräftig gepogt wurde, während dahinter eine größere Gruppe Leute gemischten Alters gut gelaunt zuschaute. Für mich das absolute Paradies, reichlich Platz sich frei zu bewegen, genug Stimmung um wahlweise mitzufeiern oder zu fotografieren und eine absolut geniale ausgelassene Atmosphäre. Wisecräcker spielten über ne Stunde und mischten unter ihre normalen eigenen Songs auch mitsingtaugliche wie "Ich bin zu alt für diesen Scheiß - für diesen Scheiß bin ich zu alt" oder ein Cover von "Moskau". Dabei sorgte die Gießkanne immer wieder für Verwirrung - Insider wissen spätestens seit Bochum Total, dass der sinnbefreite Gießkannenpogo der Trend des Jahres ist, aber die von weiter weg angereisten Wisecräcker waren davon sichtlich irritiert. :D

Während ich mich danach in der Umbaupause an der Kamera austobte, brach endgültig die Dunkelheit herein, was die Skater allerdings nicht vom Skaten abhielt. Schon gegen Ende des Wisecräcker-Konzertes hatte man gemerkt: Es würde dunkel werden - hier wurde an Scheinwerfern gespart, der vordere Bühnenbereich war schlicht nicht beleuchtet und wenn einer aus der Band ans Publikum heran kam, stand er quasi im Dunkeln, da die Frontbeleuchtung fehlte.

Die nächste gute Stunde wurde dann auf das Partyniveau nochmal eins draufgelegt. Während Wisecräcker mit Bläsern und Ska-Rhythmen schon kräftig eingeheizt hatten, hauten Supershirt dem Publikum jetzt harte elektronische Beats um die Ohren. Drumcomputer und Synthesizer lösten Schlagzeug und Bläser ab. Das Publikum war jetzt warm und feierte von Anfang an mit der Band, die ausgesprochen gut drauf war und sehr sympathisch rüber kam.

Mag sein, dass nicht jeder der Texte einen Sinn hat, zumindest keinen, der sich sofort erschließt, aber Spaß machen sie allemal. Und auch wenn wohl einige Fans vor Ort waren, konnten auch die anderen jede zweite Zeile von "8000 Mark" mitgröhlen. ;) Der Beat tat sein übriges und so wurde bald auch in den Reihen hinter dem pogenden Haufen getanzt.

Außer frei erfundenen neuen Strophen gab es zwischendrin einen kurzen komplett improvisierten Song an den Synthis. Klappte mäßig, machte trotzdem Spaß. hahahah Hinterher gab's, hurra, Knicklichter für alle! Außer der Gießkanne wurden nun auch vereinzelt Menschen auf Händen getragen, einige tanzten auf der Bühne weiter und ich bin sicher, einige haben die Gelegenheit genutzt und sind hinterher noch zur Aftershowparty gegangen, wo einer der Supershirt-Jungs aufgelegt hat.

Hin fuhr ich mit dem Gedanken, dass Gratisveranstaltungen ja immer einen Besuch wert sind, und zurück fuhr ich bestens gelaunt mit heiß gelaufener Kamera und hatte so viel Spaß wie schon eine ganze Weile nicht mehr. Zumindest Supershirt werde ich mir definitiv nochmal ansehen und auch Wisecräcker dürfen sich gerne mal wieder auf einem Festival blicken lassen. Ska trifft Elektro - ein gelungener Abend und wieder einmal der Beweis dafür, dass Bands live richtig gut sein können, auch wenn man sich die Musik zuhause üblicherweise nicht anhören würde.