Alle Artikel zu #album


Ladyhawke: Anxiety

Diese …



Whirr - Pipe Dreams

Dieser Artikel wurde ursprünglich für venue.de geschrieben.

Normalerweise sage ich, Musik ist dann gut, wenn man sich ihr ganz hingeben kann. Diesmal ist es etwas anders: Die Musik von Whirr funktioniert nicht, wenn man sich ihn nicht hingibt. "Pipe Dreams", ihr erstes vollständiges Album, das demnächst auch nach Deutschland kommt, ist vollgeladen mit atmosphärischen Klängen und psychedelischen Gesängen.

Schon der erste Track erinnert mich an die Musik, die in Filmen und Videospielen verwendet wird, wenn nach einem harten Bruch der Hauptcharakter allein an einem völlig anderen Ort auftaucht, möglicherweise sogar sein Gedächtnis verloren hat, und in Dunkelheit, Nebel oder Unschärfe erstmal orientierungslos ist. Schwebende, anschwellende Gitarrenklänge verlangen vom Hörer, unsere Welt zu verlassen, erst sanft, dann mit Nachdruck. Der Gesang bleibt dabei eher im Hintergrund, wie hinter dem Nebel aus der oben beschriebenen Szene.

So bleibt der Sound dann auch erstmal für die nächsten vier Tracks. Gitarren- und Synthiklänge dominieren das Klangbild klar, der Gesang verstärkt die sphärische Note und das Schlagzeug sorgt nur ganz im Hintergrund für den roten Faden des Beats - bis der Hörer mit dem sechsten Track wachgerüttelt wird. Ab jetzt geht es deutlich flotter und poppiger zu.

Waren am Anfang die verzerrten, hallenden Gitarren und Synthis im Vordergrund, ist der dadurch entstandene berauschende Klang nun einen Schritt nach hinten getreten und macht Platz für poppig anmutende Sounds und ein präsenteres Schlagzeug. Zu reiner Popmusik verkommt das Album damit aber nicht, denn alle bisherigen Elemente sind weiterhin da und gerade der hypnotische Gesang sorgt weiterhin dafür, dass man nicht aus seiner Traumwelt aufwacht, in die man sich inzwischen wohl hineingedacht hat.

An den Gedanken des Aufwachens muss man sich mit dem letzten Track dann aber wohl gewöhnen. Quasi ohne Vocals wird es jetzt nochmal eine Nummer psychedelischer, nur um dann sanft auszufaden. So endet ein 10 Tracks umfassender, etwas diffuser und verwirrender, aber doch in sich ruhiger Traum. Schade nur, dass es nicht länger gedauert hat.

"Pipe Dreams" erscheint in Deutschland am 20. April auf CD, ist aber in den USA bereits erhältlich und daher in Downloadform auch hier bereits verfügbar. Eine Gelegenheit, sich die Tracks auf den portablen Player zu ziehen und mit Kopfhörern der realen Welt zu entkommen.



The Ting Tings: Sounds From Nowheresville

"Sounds From Nowheresville", das neue Album des britischen Duos "The Ting Tings", beginnt mit einem Track namens "Silence". Zu den anfänglichen sanften Synthi-Klängen mischt sich schnell ein klarer Drumbeat, und Katies Gesang übernimmt die Leadstimme. Alle sollen ruhig sein und der Stille zuhören, singt sie. Danach ergießt sich der Track erstmal in bombastischen Synthesizierklängen, bevor es mit dem Text weitergeht. Keine Notwendigkeit, sich selbst oder anderen zu zuhören, heißt es. Und damit ist der Kern des Albums getroffen.

Vier Jahre nach ihrem electropoplastigen Debütalbum haben sich The Ting Tings um 360 Grad gedreht, eine Menge mitgenommen und blicken nun wieder gerade nach vorne. Das 10 Tracks (19 in der Bonusversion) umfassende "Sounds From Nowheresville" übertrifft sich mit jedem Track aufs Neue selbst. Da ist das sphärische und wortkarge "Silence", was das perfekte Intro abgibt. Die Synthesizer müssen dann erst einmal ruhen, in "Hit Me Down Sonny" kriegt man harte Beats und ein Gitarrensolo zusammen mit Katies aggressivem Gesang um die Ohren gehauen. Ein Song, den Ting Tings-Fans der ersten Stunde mögen werden. Ebenso "Hang It Up", eine der ausgekoppelten Singles. Hier zeigt sich nicht nur, dass Katie an der Gitarre besser geworden ist, sondern auch, dass Jules hart an seinem Gesang gearbeitet hat.

Der zickige und aggressive Klang geht bei "Give It Back" deutlich zurück und den Leadgesang teilen sich die beiden nun. Es ist nach "Silence" der nächste Track, der sich nach und nach aufbaut - nach und nach werden weitere Instrumentenspuren dazu gemischt und nach dem zweiten ausschweifenden Refrain kriegt man dann erneut die volle Dröhnung Wut um die Ohren. The Ting Tings sagen über das Album und die lange Entstehungszeit, dass sie etwas zu sagen haben. Sie haben definitiv etwas zu sagen, und sie schleudern es dem Hörer gnadenlos entgegen.

Mit "Guggenheim" kommt der nächste Bruch ins Spiel - alle Instrumente spielen nun in den Strophen eine völlig untergeordnete Rolle, während Katie erzählt - ganz klassisch eine Liebesgeschichte. Im Refrain ist die Wut dann wieder da und gegen Ende des Stücks übertrifft sie alles, was bisher da war. Die Wut ist vielleicht das tragende Element des Albums und natürlich ist, Ting Tings-typisch, jeder Track von einem prägnanten Loop geprägt. Aber durch die vielen verschiedenen Stimmungen und Stile habe ich bei jedem Track wieder einen überraschten Gesichtsausdruck und frage mich, was wohl noch alles kommt, bevor mich auch dieser Track wieder mitreißt und völlig begeistert.

Nachdem man die mitreißende Geschichte von Guggenheim gerade erst verpackt hat, kriegt man schon die Soul-Nummer "Soul Killing" verpasst. Bläser und Klavier werfen jeden bisherigen Stil über den Haufen. Als treibendes Element dient diesmal das Quietschen eines Bettes und ich stelle mir die Hitze Spaniens vor, in der ein Teil des Albums produziert wurde. Dagegen habe ich bei "One By One" das Gefühl, alle bei der Produktion in Berlin ausgekramten alten Synthesizer gleichzeitig zu hören. Ab "Day To Day" ist dann allerdings zumindest gitarrentechnisch Schluss mit elektronisch und die Akustikgitarre kommt als Leadinstrument raus (nicht ohne bei "Help" nocheinmal von einem Synthi-Solo unterbrochen zu werden). Drei Tracks, die alle die erfreuen werden, die die Akustikversionen der Songs des ersten Albums besonders schön fanden. Und in der Tat kommt Katies schöne Stimme hier besonders zur Geltung. Der reguläre Teil endet schließlich mit dem ruhigsten und schon melancholischen Song "In Your Life", bei dem dann sogar Streicher ins Spiel kommen.

Die Besitzer der Bonusversion kommen nicht nur in den Genuss eines Doppelcovers (das Album befindet sich bei der signierten Deluxe-Version in einer Pappschachtel, die mit der invertierten Version des Covers und einer umgestalteten Trackliste bedruckt ist), sondern auch in den Genuss neun weiterer Tracks. Sechs Remixes, darunter die bereits früh veröffentlichte Bag Raiders-Version von Silence und der nach Dubstep klingende Inertia-Remix von Hang It Up, dazu die Demo von "Give It Back" und zwei im regulären Teil nicht enthaltene Songs. Da ist dann auch "Hands" dabei, der erste Track, den The Ting Tings nach ihrem ersten Album veröffentlicht hatten, und dazu "Ain't got Shit", ein bisher gar nicht veröffentlichter Titel.

"Sounds From Nowheresville" umfasst 10 bzw. 19 Tracks und kommt in einer knallbunten Verpackung mit Textheft. An vielen Stellen finden sich Ergebnisse des "Show Us Yours"-Projektes, auch das Cover ist von einem Fan gestaltet worden. The Ting Tings stehen kurz vor ihrer USA-Tour und sind im Sommer z.B. bei Rock am Ring zu sehen. Bis dahin kann ich jedem empfehlen, mal in das Album reinzuhören - Fans werden mit Sicherheit auf ihre Kosten kommen und auch alle anderen sollten der Musik eine Chance geben.



Mind The Gaep - Get Ready For Tonight

Albumcover: Mind The Gaep - Get Ready For Tonight

Eine …



Erste EP von NEOH: Auf Ewigkeit

Cover: NEOH - Auf Ewigkeit

Wenn …



The Ting Tings: Vorboten des neuen Albums

Diesen Artikel habe ich ursprünglich für venue.de geschrieben.

Cover: The Ting Tings - Hang It UpDrei Jahre nach dem Debut-Album hat das britische Duo The Ting Tings ein zweites Album fertig gestellt und steht kurz vor der Veröffentlichung. Songs wie "That's Not My Name" und "Shut Up And Let Me Go" waren damals in jedermanns Ohr und wurden mehrfach für Werbespots, wie z.B. für den Apple iPod, verwendet.

Our albums nearly ready to be released..just waiting for our label to get the boring stuff together and we are off. We are dead proud of it and feel like we made a proper album. Not a rushed-by numbers fake blaggin it turd.

The Ting Tings, 28. September 2011

In Berlin aufgenommen soll es "Kunst" heißen, inspiriert von einem deutschen Massagesalon. Bereits früher dieses Jahr war die erste Single "Hands" erschienen und machte Lust auf mehr. Vor kurzem erschien nun die zweite Single "Hang it up" und nachdem das Youtube-Video aufgrund der GEMA-Konflikte in Deutschland gesperrt wurde, hat die Band den Song auf Soundcloud veröffentlicht.

Man merkt an beiden Singles, dass der unverkennbare Sound der Ting Tings geblieben ist und sich die beiden dennoch deutlich verbessert haben. Gerade bei "Hang it up" fällt das auf, da Jules hier erstmals einen eigenen Gesangspart hat, der zeigt, dass nicht nur neue Instrumente angeschafft wurden, sondern auch an den Stimmen gearbeitet wurde.

Das neue Album "Kunst" hat noch kein bekanntes Veröffentlichungsdatum, aber ich bin jetzt schon gespannt und neidisch auf die Briten, die jetzt in den Genuss der ersten Tour mit den neuen Songs kommen.

Update/Korrektur: "Kunst" ist nur ein möglicher Kandidat für einen Albumtitel gewesen. Laut Amazon UK wird das neue Album "TBC" heißen und am 16. Januar 2012 erscheinen.

Offizielle Website
Soundcloud-Channel der Band (mit Hang it up und Remixes)
Persönlicher Blog der Band



Albumrezension: M83 - Hurry Up, We're Dreaming

Diesen Artikel habe ich ursprünglich für venue.de geschrieben.

M83, eine Dreampop-Band aus Frankreich, gehören wohl nicht zu den Bands, die mit jedem Album wieder etwas völlig neues erfunden haben. Das müssen sie aber auch gar nicht. Das kürzlich erschienene fünfte Album “Hurry Up, We’re Dreaming” klingt nach einem Widerspruch: Der Titel ist eine Aufforderung, sich zu beeilen, und redet gleichzeitig vom Träumen, was sonst Anlass für Langsamkeit ist. Betrachtet man die Worte des Bandleaders Anthony Gonzalez, der vor der Produktion des Albums nach L.A. umgezogen war, geht es eher um Erinnerungen, an denen man hängt, während das Leben einen auffordert schneller zu leben.

Umzüge in andere Städte bringen Aufregung und Abwechslung mit sich, und während “Hurry Up, We’re Dreaming” viel Bewährtes beibehält, ist es doch abwechslungsreich. Einige Tracks erinnern mit ihren verträumten Synthi-Klängen und dem weichen Gesang an den Vorgänger “Saturdays = Youth”, andere sind viel lauter und treibender. Dazwischen finden sich immer wieder kurze, ruhige, rein akustische Stücke wie “Where the Boats Go” oder “Trains to Pluton”. Auch hier wieder ein verspielter Widerspruch – die Titel wirken als Ruhepause zwischen den lebendigeren Stücken, tragen aber alle Namen, die mit Bewegung in Zusammenhang stehen.

Bis auf das von einer Akustikgitarre geprägte und mit Streichern untermalte “Soon, My Friend” sind dann allerdings doch alle Titel stilistisch unverkennbar M83-Songs – wenig Gitarren, dafür umso mehr Synthesizerklänge, Reverb-Effekte und elementare, aber nie hervortretende Schlagzeugpatterns. Neu ist der kräftigere Gesang. Frontmann Gonzalez begründet das mit der Tour von 2010, wo M83 mit Kings Of Leon, The Killers und Depeche Mode auf Tour waren: “Wenn man alle diese Frontmänner so selbstbewusst vor einem großen Publikum auf der Bühne sieht, gibt einem das auch Selbstvertrauen, das Gleiche zu versuchen”.

“Hurry Up, We’re Dreaming” kommt als Doppelalbum mit zweimal elf Tracks, die insgesamt 73 Minuten lang sind. Ich werde allerdings den Eindruck nicht los, dass Gonzalez bloß gerne ein Doppelalbum produzieren wollte – ein Konzept ist dahinter nicht erkennbar, nach den ersten elf Tracks geht es auf der zweiten CD genauso weiter. So bekommt man ein etwas überdurchschnittlich langes Album mit gewohnt solidem Indie- und Dreampop, bei dem sich die Band sicher nicht neu erfunden hat.



Grossstadtgeflüster: Bis einer heult!!!

Grossstadtgeflüster, eine (inzwischen) dreiköpfige Elektropunk-Band aus Berlin, haben vor einiger Zeit eine recht steile Karriere hingelegt, als sie mit "Ich muss gar nix" quasi überall eingeschlagen sind wie eine Bombe. Als Quasi-Headliner beim Open Flair sind sie dabei auch bei mir angekommen und seitdem musste ich feststellen: Geplant war das wohl nicht, die Sache mit dem kommerziellen Erfolg. Das erste Album, "Muss laut sein", von dem auch der genannte Track stammt, ist völlig vergriffen und nur noch zu Mondpreisen von Privathändlern zu bekommen. Die Konzerte finden zu Niedrigpreisen in kleinen Hallen und Clubs statt. Sehr angenehme Umstände.

gsgf-bis-einer-heult.jpgAlben sind es mittlerweile drei geworden und das zweite, 2008 erschienene und auch nahezu vergriffene, "Bis einer heult!!!" konnte ich letztens endlich ergattern. Zweimal hatte ich GSGF live gesehen und nachdem beide Konzerte einfach der totale Wahnsinn waren, musste ich unbedingt auch etwas davon zuhause haben. Einige Titel kannte ich schon von Konzerten, andere von Youtube und ein paar gar nicht.

Das Album umfasst 16 Tracks, die, ich spoilere, allesamt reinhauen. Es beginnt mit den fordernden Titeln "Kümmer dich" und "Komm schon", wird dann mit dem kritischen "Lebenslauf" kurz etwas poppiger und schlägt dann die elektronisch-tanzbare Richtung ein, die eine ganze Menge Titel prägt. Bei manchen Titeln bleibt da außer den elektronischen Sounds und dem Beat nicht mehr viel Musik, so bei "IchBinHuiDuBistBuhDuBistSchubiIchBinDu", andere lassen den Punk so richtig raus, wie in dem zum wilden Abreagieren perfekten "Haufenweise Scheisse".

Durch alle Tracks, egal welche musikalische Richtung sie gerade einschlagen, ziehen sich die genialen Texte. Mal eher offen, mal eher subtil kritisch, mal eher rotzig, mal relativ diplomatisch, mal mit mehr und mal mit weniger Niveau. Vorm offenen Äußern von Meinungen, vor Fäkalsprache, Sex und Drogen wird hier nicht zurück geschreckt - nur vor abgegriffenen Themen. Dabei sind alle Titel so gehalten, dass man über den Text und die Botschaft nachdenken kann, wenn man mag, man kann aber stattdessen auch wild durch die Gegend tanzen, denn tanzbar sind die allermeisten Titel. Dazu trägt auch bei, dass nicht alle Songs einen üblichen Aufbau von gesungenen Strophen und Refrains haben, sondern auch mal ihre Basis auf ständig wiederholte Zeilen oder aneinander gereihte Worte oder Parolen bauen.

Hinter der Anordnung der Titel steckt wohl kein richtiges Konzept, allerdings sind sie zumindest so sortiert, dass man das Album durchhören kann, ohne einen Hänger zu kriegen, aber auch ohne nach der Hälfte Ärger mit den Nachbarn zu kriegen weil man die Wohnungseinrichtung zerlegt hat. Am Ende möchte man es dann direkt nochmal hören - oder auf ein Konzert gehen.

{rating90} Die Texte sind nahezu nie nervig, langweilig oder niveaulos.
{rating90} Die Musik ist häufig tanzbar und über das Album verteilt recht abwechslungsreich.
{rating90} Sehr gutes Album insgesamt. Schade nur, dass man es nicht mehr zu normalen Preisen kaufen kann - beim ersten Album ist es allerdings noch schlimmer.