Tschüss, Twitter!


Vor etwa 2 Jahren machte ich mich daran, einen Artikel zu schreiben, indem ich beschrieb, was Twitter ist und warum ich es für nützlich halte. Ich wollte mich auf ein Jahrespraktikum bei einem christlichen Zeitschriftenverlag bewerben, dafür sollte man Artikel vorlegen, die man bereits geschrieben hatte. Der Twitter-Artikel sollte dafür dienen und entsprechend gut sein - veröffentlicht habe ich ihn nie, auf die Stelle habe ich mich letztlich nie beworben.

Seit dem Wochenende bin ich nicht mehr bei Twitter angemeldet. Mein Account ist nicht mehr zugänglich und meine Tweets erscheinen in keiner Timeline mehr. Ich war Twitter überdrüssig geworden. Ich folgte zwischendurch etwa 100 Leuten und las deren Nachrichten, verfolgte Freunde, Bekannte, Fremde, Nachrichtendienste und Politiker. Dann begann mich Twitter zu nerven, weil minütlich Dutzende Nachrichten eintrafen. Ich entfernte einen Großteil der Leute, so dass ich ihne Nachrichten nicht mehr bekam.

Der entstandene Zustand der Ruhe war so angenehm, dass ich die Liste, in der ich die Kontakte, denen ich ehemals folgte, löschte. Stattdessen folgte ich einigen ausgewählten Leuten, zu denen ich in irgendeiner Art eine Verbindung hatte. Aber irgendwann wurde das auch nervig und ohne Nachrichtendienste und Politiker war der Informationsnutzen gering. Obendrein hatte ich nie wirklich viele menschliche Follower (sprich Leute die meine Nachrichten lesen), so dass auch der Nutzen durch abfragbares Wissen der anderen gering war.

Klar, in den zwei Jahren war Twitter nicht vollkommen nutzlos. Insbesondere für kurze Kommunikation war es geeignet. Absprachen für Termine, kurze Wortwechsel zu irgendwas aktuellem, wie die Kommentare zu Statusmeldungen auf Facebook, nur in maximal 140 Zeichen pro Nachricht. Über einige interessante Menschen habe ich ein bisschen was erfahren in der Zeit. Ein- oder zweimal wurden ICQ-Nummern ausgetauscht, einmal half mir eine Userin bei einer Übersetzung.Aber irgendwie war ich hauptsächlich per Sofortupdate in 40 Leben eingebunden, und das nervte mit der Zeit, denn die vielen kleinen Details interessierten mich gar nicht.

Ich wollte nicht mehr jede kleine Meldung zu was auch immer bekommen. Nicht über Dinge, die Apple neu rausbringt, nicht über das Wetter in Städten, die zwischen 10 und 800 Kilometer weit entfernt sind. Wollte keine Nachrichten mehr lesen, die ich nicht verstehe, weil ich die betroffene Thematik nicht kenne, weil ich die Person, von der die Nachricht stammt, eigentlich kaum kenne. Ganz besonders nervig waren Massen an Meldungen von anderen Diensten, die über neue Blogposts, gehörte Songs oder den aktuellen Aufenthaltsort eines Users informierten.

Ich hatte es satt, jeden Tag 200 Meldungen zu bekommen, die ständig meine Aufmerksamkeit forderten, obwohl nur 20% davon interessant waren. Ich wollte keine Zeit mehr aufbringen für etwas, was viele Nerven erfordert und eine nicht unerhebliche Menge Zeit frisst, dafür aber wenig Unterhaltung, noch weniger Information und nicht viel mehr sozialen Kontakt bringt.

Viele Personen, denen ich folgte, bloggen, von anderen habe ich andere Kontaktdaten und manche kenne ich persönlich (vor allem die, die ich selber zu Twitter motivierte). Und bei den meisten steht es mir ja frei, ihre Tweets zu lesen, da sie ihr Profil öffentlich anzeigen lassen. In der Hinsicht also auch kein Verlust. So schmiss ich meinen Account hin, freute mich, dass der Username weiterhin gesperrt bleibt, und verbannte mein Twitter-Plugin aus meinem Browser.

Und seit ich nicht mehr dabei bin, merke ich erstmal, wie gut die Entscheidung war. Keine ständig steigende Zahl von ungelesenen Kurznachrichten mehr, die mich nervt. Auch kein Gefühl, etwas zu verpassen, wenn ich mir die aktuelle Zahl neuer Nachrichten nicht anzeigen lasse und sie nicht direkt lese. Dafür aber noch ein paar Reste von formulierten Gedanken, die ich twittern könnte, Dinge, die mir passieren oder in den Sinn kommen, die ich twittern würde - Twitter war schon so normal, dass ich in Gedanken schon mit allen geteilt hatte was gerade aktuell war. Dieses ständige daran-denken, was man mit anderen teilen könnte, nervt. Es verschwindet zum Glück langsam und irgendwie bin ich ziemlich froh darüber, denn am Anfang meiner Twitterzeit habe ich noch bei jedem Tweet darüber nachgedacht, ob ich das öffentlich machen möchte, später längst nicht mehr. Jetzt ist Schluss. Unwiderruflich, wie Twitter mich so schön belehrte.