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Australier, Inder und die deutschen Nachrichten

Neulich war ich mal wieder auf einer Party, auf der ich kaum jemanden kannte, dafür aber umso mehr Leute kennen gelernt habe. Zwei davon waren in Australien für Work & Travel und auf dem Rückweg ein paar Tage in Dubai, eine war mal in Indien. Alle drei hatten eine Menge zu erzählen...

...von dem Typen im Bus in Indien, der sich einfach einen runtergeholt hat an zwei Mädels im Bus, auch nachdem sie ihn entdeckt hatten noch bis zum Ende.
...von dem Australier, die nach einwöchiger Geschäftsreise zu seiner Frau nach Hause gefahren ist - um fünf Minuten später mit Werkzeug wieder zu verschwinden, um zwei wildfremden Work&Travellerinnen das Auto zu reparieren und sie dann für mehrere Tage zu sich nach Hause einzuladen.
...von den Aborigenes, die von den Australiern als Säufer und Spielsüchtige gesehen werden - und es anscheinend tatsächlich sind und aufgrund biologischer Veranlagungen auch leichter werden als wir.
...von australischen Rinderkastrationen, für die ein Taschenmesser völlig ausreicht, und von aggressiven Kälbern.
...vom 99-Jahre-Vertrag, der den Aborigenes nach 99 Jahren ihr Land zurück verspricht, das inzwischen von Australiern mehrere Generationen lang fruchtbar und wertvoll gemacht wurde.
...von den verheirateten jungen Frauen, die ihren Mann um Erlaubnis fragen müssen, um an den Strand zu gehen - und davon, dass ein paar keine Erlaubnis bekommen haben.
...von den 4-Sterne-Hotels mit superfreundlichen Dienern, wo drei Nächte 60€ kosten, in einem Land, das vergewaltigte Frauen wegen außerehelichem Sex vor Gericht stellt.
...von dem Verkäufer in Dubai, der keinen Spiegel hatte und seine Kundinnen daher fotografiert - und dann dazu masturbiert.

Natürlich sind das einzelne, subjektiv erlebte Ereignisse. Aber sie geben einen kleinen, authentischen Einblick in Welten, die wir sonst nur aus den Nachrichten und dem Schulunterricht kennen - und teilweise in einer ganz anderen Darstellung. Dass die australischen Ureinwohner nicht nur Opfer sind ist eine Idee, auf die man in Deutschland nicht unbedingt kommt. Was es mit dem 99-Jahres-Vertrag auf sich hat, muss ich mal gründlicher recherchieren - auf den ersten Blick scheint es dazu nicht besonders viele Informationen zu geben... aber es gab uns einen Anstoß, über die Problematik alter Geschichten und Probleme eines Landes nachzudenken. Auch meine Generation wird immer noch gelegentlich im Ausland als Nazi beschimpft. Auch das Gedankenspiel, wie wir wohl über die Massenvernichtung von Juden und Ausländern denken würden, wenn Deutschland den zweiten Weltkrieg gewonnen hätte, hat uns schwer zu schaffen gemacht.

Bei den Erlebnissen aus Dubai und Indien hat sich für mich außerdem gezeigt, wie abgehärtet wir längst sind durch die vielen Nachrichten, die uns ständig erreichen. Ich lese wirklich nicht viele Nachrichten - an manchen Tagen gar keine, sonst meist nur die taz und verschiedene empfohlene Onlineartikel. Ein paar Minuten persönliche Erzählung haben die Vorstellung, wie in manchen asiatischen Ländern 2013 mit Menschenrechten umgegangen wird, so konkret werden lassen, wie es kein Zeitungsartikel schaffen würde.

Diese Erkenntnis finde ich frustrierend, denn sie bringt nur noch mehr negative Einsichten mit sich, keine Wege der Besserung. Sie lässt mich höchstens glauben, dass ich das Lesen der Zeitung auch noch weiter einschränken kann. Oberflächlich von etwas zu lesen gibt mir weder echte Einblicke, noch ändert es etwas. Selbst vor Ort zu sein und selbst mit den Menschen zu sprechen ist vielleicht das Einzige, das überhaupt etwas bewirkt - in Bezug sowohl auf die Erfahrung als auch auf die Mitwirkung.