Als eine Variante von vielen hatte mein "55 in 777"-Projekt zum Ziel, kleine alltägliche Erfolge sichtbar zu machen, indem sie bewusst gemessen werden, und den Erfolg verschiedener Aufgaben über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Schon beim Jahresrückblick vor einigen Wochen erwähnte ich, dass Jahreswechsel schlechte Deadlines abgeben. Daher entschied ich mich einfach für die Schnapszahl von 111 Wochen.
Es sollten realistische Ziele sein, und die meisten waren es auch, und dennoch sind von den 55 nicht nur mehr als die Hälfte nicht erreicht worden, sondern ganze 10 auch komplett verworfen worden. Auf die Gründe dafür möchte ich zuerst eingehen.
- Monatlich Habari aktualisieren (0/26)
- Da die Entwicklung von Habari, meiner Blogsoftware, viel zu langsam voranschreitet, ist dieses Ziel nicht erreichbar gewesen. Dennoch habe ich alle bekannt gewordenen Sicherheitslücken und Fehler umgehend geschlossen, sofern Patches verfügbar waren.
- An 5 Tagen die Woche die Zeitung zumindest grob lesen (0/555)
- Das Nachhalten dieser Häufigkeit wäre viel zu viel Aufwand gewesen, daher habe ich das Ziel sehr früh schon wieder verworfen. Spätestens seit meinem Umzug nach Chemnitz habe ich aber auch kaum noch Zeitung gelesen - die Gedanken dazu wären einen eigenen Blogpost wert.
- Beim Kirchentag in Stuttgart dabei sein
- Ich ließ außer Acht, dass der Kirchentag in Stuttgart nach Ende des Projektes stattfindet. Dennoch ist meine Teilnahme bereits gebucht.
- Eine Interrail-Reise machen
- Aus verschiedenen privaten Gründen ist daraus nichts geworden, obwohl ich kurz davor stand, und es wird wohl auch nichts mehr draus werden.
- Beim Rothaarigentag in Breda dabei sein
- Auch das habe ich leider nicht geschafft, wird aber hoffentlich irgendwann mal klappen.
Drei weitere Aufgaben sind aufgrund meines Umzugs hinfällig geworden, zwei weitere habe ich anscheinend stillschweigend unter den Tisch fallen lassen. Hm.
Als nächstes sei nun als eigentliche Auswertung und Feedback an mich selbst die Liste mit den verbliebenen Aufgaben inklusive aller alten und abschließenden Kommentare dargestellt:
Sport / Ernährung
- 100 Liegestützen schaffen (13/100)
An den Sit-Ups sieht man, dass die Online-Trainingsprogramme "100 Liegestütz", "200 Sit-Ups" usw. durchaus Wirkung zeigen, aber mein Durchhaltevermögen war zu gering. - 200 Sit-Ups schaffen (89/200)
89 Sit-Ups sind allerdings durchaus etwas, auf das ich stolz bin. - 500 Kilometer mit dem Fahrrad zurück legen
- 2 Wochen vegan leben (0/2)
Ein paar Mal angedacht, aber immer wieder verworfen. - 10 Gerichte aus 10 verschiedenen Ländern kochen (3/10)
Pizza nach italienischer Art (die tatsächlich anders ist als die deutsche); Tofu nach vietnamesischem Rezept; Persische Eierkuchen mit Lauch und Walnüssen. Schwierig, da viele Nationalgerichte Fleisch enthalten. - Zu Weihnachten mindestens 10x backen
- Marmelade selber machen
- Pudding selber machen
Digital
- Alle 77 Tage ein Update dieser Liste posten (9.5/10)
Close enough. - 100 Artikel schreiben, die nicht Teil einer Serie sind (100+/100)
- Mein gesammeltes Videomaterial von TEN SING zusammenschneiden (0/3)
Videoschnitt erfordert intensive Einarbeitung, und während ich dafür zwar immer wieder mal Motivation habe, fehlt mir die Zeit. Immerhin ist inzwischen genug Rechenleistung vorhanden und die Dateien sind vorsortiert. - 15 Beiträge zu Habari leisten (veröffentlichte Plugins oder Themes oder Core-Bugfixes)
- Eine Woche offline gehen (3/7)
Ein gewagtes Ziel in der heutigen Zeit und auch eins, was mir inzwischen nicht mehr erstrebenswert erscheint, da ich meinen Medienkonsum nicht als exzessiv betrachte und daher auch keine drastischen Gegenmaßnahmen brauche. - 1000 Posts erreichen (1010+/1000)
Foto / Musik
- Portfolio mit min. 20 Fotos pro Kategorie füllen (24/60)
Was ich mir darunter anfangs vorgestellt hatte, weiß ich schon gar nicht mehr, da ich aber inzwischen sicher bin, dass ich auf keinen Fall selbstständig werden möchte, verfolge ich auch alles, was daran hängt, nicht mehr intensiv. - 100 Songs am Schlagzeug vollständig spielen können (43/100)
Songs abzählen, die ich kann, ist einfach Unfug. Aber... - 50 Songs am Bass spielen können (22/50)
- 10 Songs an der Gitarre spielen können (7/10)
...es hat mich dazu gebracht, mich ernsthaft mit meinen Instrumenten auseinander zu setzen. Also ein positiver Effekt, der jedoch nicht gemessen werden sollte. Dass ich allerdings am Ende des Projektes nicht nur eine Gitarre besitzen, sondern sogar so gut spielen können würde, dass ich damit auftreten werde, war mehr ein Traum als ein Plan. - Weiterhin min. 1x im Jahr auf ein Konzert im Ausland gehen
- Einen Film selber entwickeln
Technik ist da, eine Dunkelkammer fehlt. - Einen "Lost Place" besuchen
Ein schwierig zu erreichendes Ziel. - Beide CD-Regale füllen
Ich werde auf jeden Fall in sehr naher Zukunft ein drittes brauchen...
Reisen
- Beim Kirchentag in Hamburg dabei sein
- Beim YMCA-Festival in Prag als Volunteer dabei sein
- In einem Nachtzug schlafen
- Eine Reise nur mit Couchsurfing bestreiten
Couchsurfing ist kein Wunschkonzert, daher hat das bisher nicht geklappt. - Eine Reise mit mindestens einer Übernachtung nur mit dem Fahrrad bestreiten
Und dieses Ziel ist in Sachsen einfach sehr schwer, da hier kaum Ziele in Fahrradnähe liegen und ich auch kein Interesse an wirklich langne Radtouren habe. - Eine Deutschland-Rundreise machen
- Nochmal nach Brighton reisen
Freizeit allgemein
- Erdbeeren pflücken gehen - war ich nicht mehr seit ich Kind war!
- Geocachen gehen
- Die Herr der Ringe-Trilogie lesen (0/3)
Auch dieses Ziel ist aus schlichtem Desinteresse nichtmal angefasst worden. Sowas passiert, wenn man glaubt, etwas tun zu müssen, aber gar keinen persönlichen Sinn darin sieht. - 5 Bildungslücken bei Filmen schließen (5/5)
Gesehen: Die fabelhafte Welt der Amélie, Pulp Fiction, Täglich grüßt das Murmeltier, Juno, Die zwölf Geschworenen - 5 Träume aufschreiben (4/5)
- An einer Demo teilnehmen
Bildung
- Jede Woche einen zufälligen Wikipedia-Artikel lesen (0/111)
- Jeden Monat einen zufälligen englischen Wikipedia-Artikel lesen (0/26)
Naja, und dafür fehlt mir einfach die Muße im Alltag, und neben dem Uniwissen noch zufälliges Wissen in mich reinquetschen... vielleicht nebenbei mal, aber sicher nicht regelmäßig, denn wofür? - Grundkenntnisse in einer vierten Sprache erwerben (0/3 - A1, A2, B1)
Das wiederum war vielleicht einfach ein zu hohes Ziel für den Zeitraum... - Begrüßung und Verabschiedung in 10 Fremdsprachen lernen (4/10)
...und das ein zu sinnloses.
Organisation
- Regelmäßig (wöchentlich) den Finanzplaner in Ordnung bringen
- Weihnachtsgeschenke spätestens Nikolaus zusammen haben (0/2)
- Jahresrückblick spätestens am 28.12. fertig haben (1/2)
- Keller aufräumen
Menschen
- Nachbarn ansprechen
- Alle TEN SING-Gruppen im Westbund besuchen (12/34)
Und dieses Ziel hätte ich getrost auch streichen können, denn von Sachsen aus wäre das einfach viel zu teuer. Durch TEN SING RheinRuhr habe ich die meisten allerdings kennen gelernt.
Gut funktioniert hat an diesem Projekt, ein paar Ziele im Auge zu behalten, um Dinge, die ich immer schonmal erledigen wollte, die aber längere Zeit benötigen, endlich zu schaffen. Weniger gut funktioniert haben die messbaren Dinge, einfach, weil es bei den meisten gar nicht sinnvoll war, sie zu zählen oder zu messen.
Niemanden interessiert, wieviele Songs der Schlagzeuger von Dream Theater spielen kann (oder der von Tool). Ich hätte locker 100 Songs lernen können - aber warum sollte ich meine Zeit damit verschwenden, 50 Songs zu lernen, für die ich gut genug bin, nur um eine Zahl voll zu kriegen? Da arbeite ich lieber an meinen Fähigkeiten, um mehr Songs spielen zu können - und in der Tat muss ich mich inzwischen für die Bandproben nicht mehr vorbereiten, da ich quasi jeden Song, den wir covern, nach einmaligem Anhören sofort spielen kann. Dafür habe ich Zeit in die Gitarre investiert und kann nun in der Tat einige Songs spielen und bin hochmotiviert, mehr Akkorde zu lernen, besser mit Barré-Griffen umgehen zu können und irgendwann weitere Techniken zu lernen.
Außerdem habe ich gelernt, dass Ziele, für die ich vielleicht Respekt bekomme oder online bejubelt werde, mir nur deshalb nicht unbedingt auch selbst etwas bedeuten. Es ist sicher eine coole symbolische Aktion, mal eine Woche offline zu gehen, aber es würde mein Leben einfach sehr beeinträchtigen und ich hätte nichts davon. Und auch wenn J. mich bearbeitet hat, mir endlich die Harry Potter-Filme anzusehen (und ich deswegen erstmal die letzten beiden Bücher nachgeholt habe), interessiert mich Herr der Ringe nach wie vor nicht, und sei es noch so bekannt und erfolgreich.
Ein weiterer Nebeneffekt waren die Absätze "Nicht alle Dinge sind messbar". Schon länger als das Projekt schreibe ich privat gelegentlich positive Ereignisse meines Lebens auf. Das ist etwas, was mir nach wie vor Spaß macht und auch rückblickend immer wieder hilft, zu sehen, dass keineswegs "nichts" oder "nichts Gutes" passiert ist, sondern eine ganze Menge erfreuliche Dinge passiert sind.
Daher möchte ich mit einem sehr ähnlichen Projekt weitermachen. Für die nächsten 80 Wochen werde ich mir 40 Dinge vornehmen, die mir helfen sollen, langfristig etwas zu erreichen. Erneut sind die Zahlen willkürlich gewählt und sicherlich wird erneut einiges davon anders laufen als geplant. Ein paar der alten Aufgaben werde ich übernehmen, andere sind neu. Die Liste wird in den nächsten Tagen online gehen und dann ähnlich dem alten Projekt regelmäßig aktualisiert erneut veröffentlicht. Sollte sich jemand zu einem ähnlichen Projekt entschließen, würde ich mich über einen Hinweis freuen!