Metric - "Art of Doubt"-Tour Berlin 2018


In meinem Kopf hatte sich dieses Jahr ein Monat ganz besonders eingenistet - der Konzertnovember. Nachdem ich gefühlt zu lange nicht mehr auf Konzerten war, hatte sich der November ganz mühelos gefüllt. Tatsächlich begann die Reihe jedoch schon am 31. Oktober, und während mir klar war, dass dort in Sachsen Reformationstag gefeiert wird, hatte ich völlig vergessen, dass am 31.10. auch Halloween ist. Nun wird in Berlin, wo das Konzert stattfinden sollte, weder Reformationstag noch Allerheiligen gefeiert, Halloween aber sehr wohl. So besorgte ich in Berlin im Auftrag meines dortigen Gastgebers erst einmal eine halbe Rucksackladung Süßkram für eventuell aufkreuzende Kinder. Spoiler: Es kamen keine. Einziges Zeichen von Halloween waren blutige Gestalten in der Tram.

Für das Konzert von Metric war das natürlich alles völlig irrelevant. In einer überraschend kleinen Location, dem ehemaligen Kesselhaus der Kulturbrauerei, wurde der Abend von einer dreiköpfigen Vorband, deren Frontmann offenbar ein alter Freund von Emily, der Metric-Sängerin, ist, eröffnet. Da sich die Band jedoch nicht vorstellte und auch ansonsten bloß nette Beigabe war, werden sie hier keine weitere Beachtung finden.

Viel interessanter war das Metric-typisch wild gemischte Publikum. Zunächst einmal war der Altersdurchschnitt auffallend hoch - vergleichen mit meinen anderen Konzerten natürlich. Gehöre ich mich mit meinen 28 sonst oft schon zum älteren Drittel, war dies bei Metric definitiv nicht der Fall. Dann gab es da Menschen, die sich erstmal erklären ließen, was denn ein Moshpit sei, und ob es eigentlich noch dunkel werden würde in der Halle. Jemand anders spendierte mir ein Bier, im Gegenzug hörte ich mir seine abstrusen Geschichten an (angeblich werden millionenschwere Headliner bei deutschen Festivals in Bar bezahlt). Geschenkt - getanzt haben sie am Ende alle.

Wie könnte man auch nicht! Ich hatte das neue Album "Art of Doubt" als "gut" abgestempelt, aber nach mehrmaligem Hören gehört es eher in die Kategorie "großartig". Nicht, dass das Konzert nur aus neuen Songs bestanden hätte - ganz alte Kracher wie "Dead Disco", das schräge "Monster Hospital" oder die düstere Ballade "Artificial Nocturne" kamen ebenso vor wie die helleren Songs von Fantasies: "Youth Without Youth", "Gimme Sympathy" oder "Sick Muse", um nur einige zu nennen. Und darunter, an den passenden Stellen eingefügt, eben auch die neuen, bühnentauglichen Songs, wie das ausgesprochen tanzbare "Now or Never Now" oder mein Liebling "Dressed to Suppress", das mit seinen bösen Gitarrenriffs die Halle zum Vibrieren brachte.

Überhaupt machen Metric live nochmal mehr Spaß als zuhause. Der Bassist lebt "Badass" einfach - breitbeinig, Lederhose, wenig Bewegung, aber ein Gesichtsausdruck, der einfach nur "Yeah" sagt. Der Gitarrist holt mit Picking und Verzerrer ebenso böse Soundteppiche aus seiner Gitarre wie mit dicken Akkorden und der Schlagzeuger wird nicht müde, in die treibenden Grundrhythmen verspielte Fills zu basteln. Zu der fantastischen Soundkulisse dann Geschichten authentisch vorgetragen von Frontfrau Emily Haines - einfach ein fantastischer Abend.

Abgeschlossen wurde der Abend traditionell mit einem erstaunlich ruhig vorgetragenen "Help, I'm Alive", das der Band immer noch viel bedeutet und das Publikum wie schon beim letzten Mal in seinen Bann zog. Danach verließen wir die Halle einfach glücklich - mit einem Metric-Konzert hat man auch ohne auslaugende Pogos einfach einen schönen Abend.